Wanderung Kapellenweg Bürglen
Reicher Sakralkosmos des Schächentals
Wanderzeit: 3 h 40 min
Schwierigkeitsgrad: T1 Wandern *
Saison: April - November
In Bürglen gibt es eine Fülle von Sakralbauten: Kirchen, Kapellen, Gebetsgrotten und Bildstöcke prägen das Dorf und seine Umgebung. Der Kapellenweg verbindet knapp ein Dutzend davon. Die Route verläuft teilweise ausserhalb des Wanderwegnetzes. Mit rund 50% weist sie einen relativ hohen Anteil an Hartbelag auf.
Detaillierte Routenbeschreibung
Dank dem im Urnerland oft auftretenden Föhnwind weist Bürglen ein mildes Klima auf. Am sonnigen Südhang gibt es mehrere kleine Rebberge. In manchen Gärten sieht man sogar Palmen. Das Dorf gilt als Heimat von Wilhelm Tell. Ein kurzer Lehrpfad informiert über das Leben der sagenumwobenen Heldenfigur. Wer den Kapellenweg beschreitet, unternimmt keine klassische Wanderung von einem Ausgangspunkt zu einem Zielpunkt und eigentlich auch keine richtige Rundwanderung, sondern eher einen etwas ausführlichen Spaziergang, der in zweieinhalb Schlaufen rund um das Dorf führt. Die Tour verläuft mehrheitlich auf gelb signalisierten Wanderwegen, teilweise aber auch auf Landwirtschaftssträsschen, was den Anteil an asphaltierten Strecken zwangsläufig erhöht.
Der Kapellenweg beginnt im Dorfzentrum. Ein Flyer, der auf der Website der Gemeinde verfügbar ist und die einzelnen Sakralstandorte schematisch aufzeigt, empfiehlt, den Rundweg im Gegenuhrzeigersinn zu beschreiten. Hier wird die umgekehrte Richtung vorgeschlagen. Am Wattigwilerturm vorüber (einem von vier Wohn- und Wehrtürmen des Dorfs aus dem 13. Jahrhundert) geht es zur Pfarrkirche, wo gleich unterhalb der Strasse bereits die ersten beiden Kapellen stehen. Allerdings sind weder die Ölberg-Kapelle noch die Beinhaus-Kapelle (in der mehrere Schädel ruhen) Teil des Kapellenwegs. Dieser führt zu insgesamt elf Stationen; in der Umgebung des Dorfs gibt es jedoch etliche weitere Kapellen und Bildstöcke sowie überdies eine verborgene Grotte.
Den ersten «offiziellen» Stationen des Kapellenwegs begegnet man im Abstieg Richtung Altdorf. Es handelt sich um die Tells-Kapelle (die angeblich an der Stelle von Tells Wohnhaus errichtet wurde) und unweit davon eine dem heiligen Antonius gewidmete Kapelle. Im Quartier Hartolfingen verlässt man den Wanderweg Richtung Altdorf und steigt hangwärts zum Wald auf. Schon bald erreicht man die Spiss-Grotte, eine Freilichtkapelle mit Sitzbänken und einer kleinen Felsgrotte. Noch etwas höher liegt die Spiss-Kapelle, eine winzige Holzkapelle mitten im Wald. Sie ist von mehreren Holzbänken umgeben, die nach dem kurzen, aber steilen Aufstieg zur Rast einladen.
Wenig später geht es gleich wieder hinunter gegen den Talfluss Schächen. Der steil abwärts führende Wiesenweg bietet einen schönen Ausblick auf die Reussebene rund um Altdorf. Am Waldrand kommt man an einer ungewöhnlichen sakralen Konstellation vorbei: Mitten in der abschüssigen Weide ragt ein grosses Holzkruzifix auf, darunter, im Hang eingegraben, verbirgt sich ein kleines Gewölbe mit Pietà.
Dem Sonnenhang entlang wandert man nun in leichtem Auf und Ab durch den Wald, über Weideland und an Rebbergen vorbei. An verschiedenen Orten konturieren alte, gut erhaltene Trockenmauern die Landschaft. Auf einem Strässchen gelangt man zum Holdenbach und folgt diesem bergwärts. Während der offizielle Wanderweg schon bald rechts abzweigt, geht der Kapellenweg in einen schmalen Waldpfad über, verbleibt noch eine Weile auf der Westseite des Wildbachs und senkt sich dann ins Tobel des Butzlibachs.
Der Wasserlauf des kleinen Seitenbachs wird auf einem einfachen Metallsteg überquert. Auf der anderen Seite, etwas oberhalb des Kapellenwegs, begegnet man der wohl eindrücklichsten Sakralstation des Tals: Am Fuss einer überhängenden Felswand befindet sich eine natürliche Lourdes-Grotte. Auf dem Kapellenweg-Plan ist sie nicht vermerkt, denn der Zustieg ist etwas heikel. Er erfolgt auf einem schmalen Pfad auf der Ostseite des Bachbetts, der sich zusehends steil den steinigen Abhang hochwindet.
An dieser wilden Stätte manifestiert sich eine kraftvolle, nicht durchwegs kitschfreie Volksfrömmigkeit: Unbehauene Natursteine formen einen kleinen Altar, auf dem Andachtsbilder, Heiligenfiguren und Plastikblumen-Arrangements stehen. Weit und breit sind weder Häuser noch Strassen, sondern nur Felsen und Bäume zu sehen, während weiter hinten im Tobel ein kleiner Wasserfall plätschert. An einem solch malerischen Schauplatz werden Natur und Landschaft zur Kirche.
Von der nahen Beigen-Kapelle geht es zunächst durch einen prachtvollen alten, von Trockenmauern gesäumten Hohlweg, dann auf Hartbelag zum Weiler Sigmanig und weiter nach Brügg hinunter. Dort befindet sich die winzige Kapelle «Verlassene Mutter», nebenan die wesentlich grössere Loreto-Kapelle. Etwas oberhalb davon beginnt die dritte Teilrunde des Kapellenwegs, die eigentlich keine richtige Schlaufe ist, denn vom Abstecher ins Riedertal kehrt man auf gleichem Weg wieder zurück.
Anhaltend und mässig steil geht es das bewaldete Tal hoch, zuerst auf Asphalt, dann auf Naturwegen, die teilweise zwischen freistehenden Trockenmauern verlaufen und mit Natursteinpflästerung versehen sind. Der Weg ist von den Bildstöcken eines Kreuzwegs gesäumt. Dessen Ende bildet die Kapelle Unserer Lieben Frau im Riedertal. Trotz ihrer abgeschiedenen Lage auf einer Waldlichtung gilt sie als einer der bedeutendsten Wallfahrtsorte im Kanton Uri. Mit ihren stattlichen Dimensionen wirkt die Kapelle eher wie eine Kirche. Im Inneren ist sie vollständig mit Fresken des 16. und 17. Jahrhunderts ausgemalt, weshalb sie zuweilen als «Sixtina von Uri» bezeichnet wird. An den Seitenwänden hängen zahlreiche alte Votivtafeln. Das Gnadenbild im gotischen Chor geht auf das 14. Jahrhundert zurück.
Vielerorts ist der Aussenbereich von Kapellen mit Sitzbänken ausgestattet, die zum Ausruhen einladen – auch in Bürglen. In der Nähe der Kapelle Riedertal steht sogar ein richtiges Rast-Häuschen aus Holz, so dass man hier selbst bei nassem Wetter seinen Imbiss trockenen Hauptes einnehmen kann.
Der letzte Teil der Wanderung verläuft mehrheitlich auf Hartbelag. Von der ersten Station des Kreuzwegs unten am Eingang ins Riedertal geht es auf Asphaltsträsschen zurück ins Dorfzentrum von Bürglen. Einzig im Gebiet Gosmerbiel gibt es nochmals einen kurzen Abschnitt auf einem historischen Verkehrsweg: Schöne, gut erhaltene Trockenmauern fassen den Weg beidseits ein.