Wanderung Zug-Frauenthal-Sins
Im Land der Lorze
Wanderzeit: 4 h 10 min
Schwierigkeitsgrad: T1 Wandern *
Saison: Ganzjährig begehbar
Glitzernde Bürotürme und dicht überbaute Wohnquartiere gibt es im Kanton Zug zuhauf. Mit Überraschungen wartet dagegen das Hinterland auf: Die Tour von der Hauptstadt an die Reuss führt über Wiesenland, durch Wälder und zu einem aus der Zeit gefallenen Weiler. Abschnitte auf Hartbelag auch ausserhalb des Siedlungsgebiets, namentlich zwischen Frauenthal und der Reuss.
Detaillierte Routenbeschreibung
Vom Bahnhof Zug führt die Alpenstrasse südwärts direkt an den Quai. Der gelbe Wander-Wegweiser am See trägt einen etwas irritierenden Standortnamen: Katastrophen-Bucht. Die Bezeichnung geht auf ein Ereignis vom Sommer 1887 zurück. Bei der sogenannten Vorstadtkatastrophe rutschte damals ein Teil der Uferpartie in den See. Mehrere Häuser versanken, elf Menschen kamen ums Leben, Hunderte wurden obdachlos. Das Ereignis war die Folge von Bauarbeiten auf instabilem Grund.
Auf dem Quai gelangt man in westlicher Richtung an der Schutzengelkapelle vorüber zum Brüggli, wo die Lorze in den See mündet. Das Flüsschen ist die zentrale Zuger Wasserachse. Es entwässert den Ägerisee, durchfliesst danach praktisch den ganzen Kanton und mündet schliesslich nördlich von Frauenthal in die Reuss. Quasi nebenbei füllt es den Zugersee, und zwar auf ziemlich spezielle Weise: Mündung und Abfluss liegen nicht etwa an gegenüberliegenden Enden des Sees, sondern befinden sich beide am Nordufer in einem Abstand von bloss etwa zwei Kilometern.
An prachtvoller Aussichtslage auf einer Halbinsel bei Cham liegt das (für die Öffentlichkeit nicht zugängliche) Anwesen St. Andreas. Adelheid Page, die Witwe des aus den USA stammenden Unternehmers George Page, hatte das verfallene mittelalterliche Schloss Anfang des 20. Jahrhunderts gekauft, in historisierendem Stil wiederaufgebaut und die Umgebung als englischen Park ausgestaltet. Ihr Gatte hatte die Anglo-Swiss Condensed Milk Company geleitet, die später durch Fusion mit Nestlé in einem Weltkonzern aufgehen sollte.
Die «Milchsüdi» (Milchsiederei), wie die Fabrik in Cham genannt wurde, ist längst stillgelegt. Dasselbe Schicksal ereilte den zweiten bedeutenden Industriebetrieb des Orts. Auch die «Papieri» (Papierfabrik) war im 20. Jahrhundert jahrzehntelang ein wichtiger Arbeitgeber, der zahlreiche Arbeitskräfte anzog und dazu beitrug, dass aus dem Dorf eine Kleinstadt wurde. Heute ist der Betrieb eine reine Immobiliengesellschaft.
Verkehr und Industrie haben der Gegend unverkennbar ihren Stempel aufgedrückt. Zug war Mitte des 19. Jahrhunderts der am stärksten industrialisierte Kanton der Schweiz. Die Lorze spielte dabei die Rolle einer Hauptschlagader der industriellen Entwicklung. Das erfährt man auf dem «Industriepfad Lorze», auf dem die Wanderung ab Cham verläuft. Der insgesamt über 30 Kilometer lange Themenweg führt quer durch den Kanton. Unterwegs geben rund 70 Informationstafeln Einblick in den Aufschwung (und späteren Verfall) der Industrie im Kanton Zug.
Die Region Cham kommt einem nicht zuallererst in den Sinn, wenn man ans Wandern denkt. Doch die Agglomerationsgemeinde und ihr Umland sind nicht ohne Reiz. Vom Abfluss aus dem See folgt man der Lorze zunächst auf dem linken Ufer bis zur Wegverzweigung Hammer, wo man das Flüsschen überquert und auf dessen östlicher Seite weiterwandert. Nach der Unterquerung der Autobahn wird es zusehends grün und ländlich. Über Friesencham, Orenberg, Schönau und Rumentikon gelangt man zum Kloster Frauenthal. Seit fast 800 Jahren leben und arbeiten dort Nonnen des Zisterzienserordens nach den benediktinischen Regeln. Die weitläufige, von einer Mauer umgebene Klosteranlage bietet einen idyllischen Anblick: Die Gebäude bilden ein kleines Dorf, das in einer Senke zwischen zwei Armen der Lorze liegt.
Vom Kloster geht es ein kurzes Stück der Hauptstrasse entlang bis zum Frauenthaler Wald. Von dort gelangt man via Unter Chamau zum Binnenkanal, der parallel zur Reuss verläuft. Ihm folgt man einige hundert Meter nordwärts, ehe man ihn überqueren kann. Auf dem östlichen Reussdamm geht es nun von Unter Schachen in der Gegenrichtung wieder gegen Süden. Aufweitungen zwischen den Flussverbauungen, schöne Auenlandschaft mit Inseln und Totwasser sorgen nicht nur für ökologische Vielfalt, sondern erfreuen auch das Auge. Mehrere Aussichtsplattformen und Sitzbänke laden zur Rast ein. Schliesslich geht es auf der gedeckten Holzbrücke über die Reuss hinüber nach Sins und damit in den Kanton Aargau.