Wanderung Vallon de Nant
Knacknuss Bärenloch
Wanderzeit: 2 h 30 min
Schwierigkeitsgrad: T3 Anspruchsvolles Bergwandern *
Saison: Juni - Oktober
Die hohen Berge, die das Vallon de Nant in den Waadtländer Alpen umschliessen, formen einen grossartigen Talabschluss. Auf einer abwechslungsreichen Rundwanderung lässt sich das Tal gut erkunden. Schlüsselstelle der fast durchwegs auf Naturbelag verlaufenden Tour ist das Trou à l’Ours. Der kaminähnliche Engpass eignet sich nur für durchschnittlich beleibte Wanderer ohne Klaustrophobie.
Detaillierte Routenbeschreibung
Die Anreise ins Vallon de Nant ist bereits ein kleines Abenteuer. Die am nächsten liegende Siedlung ist das Dörfchen Les Plans sur Bex. Vom Rhonetal herauf fährt der Bus auf einer normalen, nicht übermässig steilen Strasse dorthin. Danach aber verengt sich die Fahrbahn und die Steigung nimmt markant zu – bei Gegenverkehr ist das Strässchen nichts für schwache Nerven.
Damit ist auch bereits die Gemütslage angesprochen, die es auf der nun folgenden Wanderung braucht. Wer unter Höhenangst, Schwindel oder Engegefühl leidet, sollte von der Rundwanderung zum Trou à l’Ours absehen. Deswegen braucht man aber nicht gleich auf das ganze Tal zu verzichten. Das Vallon de Nant ist ein landschaftliches Juwel, das auch einen Besuch zum Zweck eines blossen Spaziergangs rechtfertigt. Das Tal präsentiert sich als weiter Kessel, dessen Talgrund mit Alpweiden und Bergwäldern überzogen ist. Mit dem Dreitausender Grand Muveran und dem etwas weniger hohen Petit Muveran im Osten, den Fast-Dreitausendern Dent Favre und Dents de Morcles im Süden und der Pointe de Savoleyres im Westen ist das Tal fast ringsum von hohen Felsbastionen umschlossen, deren Flanken teilweise senkrecht abfallen.
Besonders eindrücklich ist der Wasserfall, der mitten in diesem grandiosen Talabschluss den Glacier des Martinets entwässert. Von Le Pont de Nant, wo die Strasse aus dem Tal und die Buslinie enden, lässt sich die spektakuläre Szenerie allerdings erst ansatzweise einsehen. Um sie richtig zu Gesicht zu bekommen, muss man zuerst eine Weile taleinwärts marschieren. Dafür steht ein sanft, aber kontinuierlich ansteigendes Kiessträsschen zur Verfügung, das zunächst zum Alpengarten «La Thomasia» führt; die Anlage wurde 1891 von einer Familie Thomas eingerichtet und ist mit Hunderten von Pflanzen aus den Alpen, dem Himalaya, den Anden und verschiedenen weiteren Bergregionen der Erde bestückt.
Danach geht es in den Wald. Die Strecke ist als Lehrpfad «Sentier des Thomas» eingerichtet. An neun Stationen, die als pyramidenförmige Konstruktionen aus Holzbalken gestaltet sind, vermitteln Informationstafeln Fakten zur Geschichte des Tals sowie zu seiner Geologie, Vegetation und Tierwelt. Der Themenweg endet bei den Hütten der Alp Nant.
Bereits 300 Meter vorher zweigt der Bergweg ab, der in Richtung Trou à l’Ours und Cinglo signalisiert ist. Zunächst wird der Talfluss Avançon de Nant auf einem Holzsteg überquert, danach geht es über schönes, weitgehend flaches Weideland. Es lohnt sich, hier eine kurze Pause einzuschalten und das malerische Panorama auszukosten. Der Talhintergrund des Vallon de Nant mit seinen abschüssigen Felswänden zeigt sich nun in seiner vollen Pracht.
Ein schmaler Pfad zieht sich mässig steil den bewaldeten Hang hoch. Einzelne etwas ausgesetzte Passagen, die direkt senkrechten Felswänden entlangführen, sind hangseits mit Ketten ausgestattet, die Halt und Sicherheit geben. So richtig happig wird die Steigung erst beim Trou à l’Ours. Wer von unten den Hang hochschaut, sieht, wie das Gelände immer steiler wird und schliesslich in senkrechte Felswände übergeht, die scheinbar unpassierbar sind.
Den Ausweg bietet das Bärenloch, wie die Passage auf Deutsch genannt wird. Es handelt sich um ein etwa drei Meter hohes, fast senkrecht verlaufendes Loch im Felsen. An hervorstehenden Kanten der Felsblöcke kann man mit stabilen Schuhen Tritt fassen. Das Loch ist mit Ketten ausgestattet, an denen man sich gut hochziehen kann. Den Rucksack trägt man am besten vor dem Bauch, damit er einem nicht in die Quere kommt. Das Bärenloch weist nämlich keinen übermässig grosszügigen Querschnitt auf. Wer es durchsteigen will, sollte nicht allzu korpulent sein und auch nicht unter Platzangst leiden.
Von der oberen Seite des Lochs geht es im Wald zuerst sanft absteigend zur Schutzhütte Cinglo, dann zusehends steil zur Strasse hinunter, die nach Pont de Nant führt. Die letzten 300 Meter zurück zum Ausgangspunkt sind das einzige auf Hartbelag verlaufende Teilstück der Wanderung.
Weil es keine Alternative zum Durchstieg gibt, ist das Bärenloch buchstäblich die Schlüsselstelle dieser Tour. Was aber, wenn man sich nicht überwinden kann und auf die Durchquerung des Lochs verzichten muss? In diesem Fall kehrt man einfach um und gelangt auf gleichem Weg wie im Aufstieg zurück nach Pont de Nant.
Wem das Trou à l’Ours von vornherein kein Kopfzerbrechen bereitet, nimmt die Rundwanderung am besten in umgekehrter Richtung in Angriff. Die Durchquerung des Lochs von oben nach unten ist zwar etwas anspruchsvoller als in der umgekehrten Richtung, doch dafür kann man im anschliessenden Abstieg immer wieder schöne Ausblicke zum Talhintergrund des Vallon de Nant geniessen. Dagegen verläuft der Bergweg, der den oberen Teil des Lochs mit Pont de Nant verbindet, durchwegs im Wald und bietet daher kaum Aussicht. Weil er zudem stellenweise starke Steigungen aufweist, nimmt man ihn lieber auf- statt abwärts unter die Füsse.
Hinweis zur Erschliessung des Vallon de Nant mit öffentlichen Verkehrsmitteln: Der Bus fährt nur ab etwa Anfang Juni bis ungefähr Mitte September nach Le Pont de Nant. In der übrigen Zeit des Jahres verkehrt er bis Les Plans-sur-Bex. Von dort erreicht man den Ausgangspunkt der Rundwanderung mit einem etwas mehr als halbstündigen Fussmarsch; die Tour verlängert sich dadurch insgesamt um etwas mehr als eine Stunde (3,6 km Distanz mit 170 m Auf-/Abstieg, inkl. Rückweg).