Der Übergang vom Rhonetal über den Simplonpass in den Mittelmeerraum wurde schon in vorgeschichtlicher Zeit genutzt. Im 17. Jahrhundert erlebte die Route einen markanten Aufschwung. Nachdem der Oberwalliser Kaufmann und Politiker Kaspar Stockalper den Saumweg hatte ausbauen lassen, erlangte der Simplonpass überregionale Bedeutung – bis Stockalper von Neidern zu Fall gebracht wurde. Darauf fiel sein Lebenswerk in einen Dornröschenschlaf. Erst Napoleon, der in diesem Alpenübergang eine strategisch wichtige Verbindung zwischen Frankreich und Norditalien erkannte hatte, erweckte ihn zu neuem Leben.
Längst schleppen keine Maultiere mehr Käse, Reis und Wein (oder Waffen) über den Pass. Mittlerweile ist die Route zu einer Nationalstrasse ausgebaut, die heute täglich von einer beträchtlichen Menge von Lastwagen als wichtige Transitachse genutzt wird – und natürlich auch von unzähligen Ferienreisenden auf dem Weg vom oder ins Piemont. Nach stundenlanger Fahrt auf italienischen Autobahnen setzt die kurvige Passstrasse manchem von ihnen arg zu. Wie wohltuend wäre da doch ein kleiner Zwischenhalt, um sich ein wenig die Beine zu vertreten! Also nichts wie raus bei der Ausfahrt Simplon Mitte.
Am Ortsbild von Simplon Dorf lässt sich deutlich ablesen, dass Italien hier nicht weit entfernt ist: Der von Steinhäusern umgebene Dorfplatz erinnert an eine italienische Piazza. Es lohnt sich, den geschichtsträchtigen Ort auf einem kleinen Rundgang zu erkunden. Danach geht es vom nördlichen Dorfrand auf der Via Stockalper sanft aufsteigend über Weideland und durch Bergwald nach Egga, wo die Durchfahrtsstrasse und der Chrummbach überquert werden.
Am gegenüberliegenden Hang verläuft die Chrummbacheri-Suone, einer der traditionellen Bewässerungsgräben, mit denen im Wallis seit Jahrhunderten Gletscherwasser auf Weiden und Äcker geleitet wird. Um die Anlage zu erreichen, folgt man beim Rastplatz oberhalb der Nationalstrasse zunächst dem talauswärts führenden Strässchen. Nach wenigen Dutzend Schritten zweigt ein schmaler Pfad rechts ab und führt nach kurzem Abstieg ebenen Wegs durch den Wald.
Die Suone ist auf diesem ersten Abschnitt überdeckt, doch ihr Verlauf, dem der Weg in leicht geschwungener Linie folgt, zeichnet sich bereits deutlich ab. Nach einer Weile gelangt man wieder auf das Strässchen, schwenkt nach ein paar hundert Metern auf Asphalt jedoch schon bald wieder hangwärts zur Suone ab. Eine kurze Weile gilt es noch auf dem Betondeckel zu marschieren, mit dem der Wasserlauf hier überdeckt ist, dann endlich führt der Wanderweg dem nun frei und friedlich dahinplätschernden Wasser entlang.
Die nun folgenden knapp zwei Kilometer sind unbestritten der schönste Abschnitt der Tour: Ohne Höhendifferenzen schlängelt sich der Wasserlauf talauswärts, gesäumt vom einfachen Naturweg, auf dem man munter vorankommt. Abwechslungsweise werden Lärchenwälder und flache Weidepartien durchquert. Wo das Gelände offen ist, geniesst man prächtige Ausblicke zur gegenüberliegenden Talseite, deren Gipfelkette vom Fast-Viertausender Fletschhorn gekrönt wird. Besonders eindrücklichen, jahrhundertealten Lärchen begegnet man in der zweiten Hälfte dieser Passage.
Im Gebiet Heji mündet der Suonenweg in ein Strässchen, auf dem man in leichtem Abstieg zurück nach Simplon Dorf gelangt. Der letzte Abschnitt der leichten Rundwanderung führt vom Spielplatz unterhalb des Dorfs auf einem historischen, mit unbehauenen Steinen gepflästerten Kirchweg hinauf ins Dorfzentrum.