Wanderung Saas-Grund - Saas-Fee - Saas-Grund
Zur Kapelle an der Hohen Stiege
Wanderzeit: 2 h 25 min
Schwierigkeitsgrad: T1 Wandern *
Saison: Juni - Oktober
Nicht der kürzeste, aber der schönste Weg von Saas-Grund nach Saas-Fee führt über die Hohe Stiege. Ergänzt man ihn um den Abstieg über den Alpweiler Sengg, dann ergibt sich eine leichte, landschaftlich sehr eindrückliche Rundtour. Ausserhalb des Siedlungsgebiets verläuft die Wanderung durchwegs auf Naturwegen.
Detaillierte Routenbeschreibung
Seine Flucht vor den Nazis führte den Schriftsteller Carl Zuckmayer zunächst in die Schweiz und dann in die USA. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er nach Europa zurück, um sich 1957 schliesslich in Saas-Fee niederzulassen, wo er die letzten 20 Jahre seines Lebens verbrachte. Dort war er bereits einmal gewesen, am Anfang seiner Odyssee. Viele Jahre danach erinnerte er sich daran, wie er und seine Frau 1938 an einem Juliabend mit den Rucksäcken von Saas-Grund nach Saas-Fee hinauf gewandert waren. Wie er später vermerkte, hätten die beiden damals nicht geahnt, «dass wir heimgingen».
Der Weg, den die Zuckmayers beschritten, verbindet die beiden Dörfer seit dem frühen 18. Jahrhundert. Er ging aus einem anfänglich schlichten Kern hervor: Hoch über der Schlucht der Feer Vispa stand unterhalb des Bergdorfs Saas-Fee ursprünglich ein kleiner Bildstock mit einer Marienfigur. An dessen Stelle errichtete man 1687 eine Kapelle.
Wenige Jahre später erschloss man den bis dato schlecht zugänglichen Ort mit einer Treppe von 77 breiten, gleichförmigen Stufen aus Natursteinen. Das Bauwerk, das sich den Steilhang hinaufzieht, nannte man fortan Hohe Stiege. Den Namen übertrug man auch auf die Kapelle: Als Unsere Liebe Frau zur Hohen Stiege wurde sie fortan bezeichnet. Sie erfreute sich schon bald wachsenden Zuspruchs als Wallfahrtsort. Selbst aus der Walsersiedlung Macugnaga in Norditalien nahmen Pilger den beschwerlichen Weg über den Monte-Moro-Pass auf sich, um die Kapelle aufzusuchen. Aufgrund des grossen Andrangs wurde diese 1747 mit einer grossen Vorhalle samt Kanzel erweitert, die sich als eine Art Freilichtkapelle nutzen liess – ein architektonisches Kuriosum.
Den Zugang zur Kapelle ab Saas-Grund hatte man schon vorher zu einem eindrücklich gestalteten Kreuzweg ausgebaut: Die Stationen bestehen hier nicht wie anderswo aus einfachen Bildstöcken, sondern aus aufwendigen räumlichen Inszenierungen, die in kleinen kapellenartigen Gebäuden am Weg untergebracht sind.
Den Kapellenweg erreicht man, indem man vom Dorfzentrum in Saas-Grund zur Vispa marschiert, den Fluss überquert und dessen westlicher Seite flussaufwärts bis zum Campingareal folgt. Noch im Talboden begegnet man der ersten Kapelle, dann beginnt der Weg zu steigen. Der Boden ist in diesem Gebiet nur karg bewachsen. Zwischen Lärchengehölzen und Weideflächen ragen überall grossflächige Gesteinsbuckel auf, zwischen denen sich der Pfad in die Höhe windet. Zusehends weitet sich die Sicht zum hinteren Talgrund, der vom Allmagellerhorn mit eindrücklichem Gestus dominiert wird.
Auf dem Weg zur letzten der 14 Kreuzweg-Stationen beginnt sich die Sicht zu den Viertausendern zu öffnen, die das Hochtal von Saas-Fee umgeben. Breite Gletscherflächen wälzen sich von deren Flanken zu Tal. Den Abschluss und zugleich den Höhepunkt des Kapellenwegs bildet die Wallfahrtskapelle Maria zur Hohen Stiege. Gleich hinter der schmucken Kirche beginnt die Hohe Stiege, die sich gegen Saas-Fee hinaufzieht.
Während man sich dem Dorf nähert, zeichnen sich die Umrisse eines gewaltigen Gebäudes ab. Es handelt sich um das Parkhaus des als autofrei gehandelten Kurorts. Saas-Fee ist erst seit 1951 ans Strassennetz angeschlossen; zuvor war der Ort nur zu Fuss oder auf Maultieren erreichbar. Die automobile Realität hat dort mittlerweile gründlich Einzug gehalten. Das müssen insbesondere Wanderer feststellen, die das Pech haben, bei der Durchquerung des Dorfs auf dessen gigantischen Parkplatz zu geraten. Fast einen halben Kilometer lang müssen sie dann an abgestellten Fahrzeugen vorbeimarschieren.
Man kann dieser unerfreulichen Perspektive entgehen, indem man beim Tourismusbüro links abzweigt und auf dem (innerorts leider nur spärlich signalisierten) Wanderweg über Wildi nach Üsser Wald marschiert, wo man den Asphalt glücklicherweise wieder hinter sich lässt. Ein Kiessträsschen führt mit marginalem Gefälle durch schönen Lärchenwald zum Hotel Fletschhorn. Dieses liegt in einer Waldlichtung, von der man eine grossartige Aussicht hinüber ins Triftgebiet geniesst, das von den Viertausendern Weissmies und Lagginhorn flankiert wird.
Erneut im Wald geht es zum Weiler Sengg, von dort auf einem schmalen, steilen Pfad über Weideland und durch Bergwald hinunter nach Saas-Grund. Am Rand des Ortsteils Tamatten gelangt man wieder an die Saaser Vispa, der man flussaufwärts folgt, bis man zurück zum Ausgangspunkt der Rundwanderung kommt.