Wanderung Raron-Jolischlucht-Niedergesteln
Dunkle Orte an sonnigen Halden
Wanderzeit: 3 h 40 min
Schwierigkeitsgrad: T2 Bergwandern *
Saison: Mai - November
Viel Sonne, Licht und Wärme gibt es an der Südrampe des Lötschbergs. Die Gegend wird deshalb auch als «Sonnige Halden» bezeichnet. In deutlichem Kontrast dazu stehen einige kuriose Orte, denen man auf der Wanderung von Raron ins Bietschtal und nach Niedergesteln begegnet. Die Tour verläuft ausserhalb des Siedlungsgebiets durchwegs auf Naturbelag.
Detaillierte Routenbeschreibung
«Sonnige Halden»: So wird der Hang oberhalb der jungen Rhone im Gebiet von Hohtenn bis Ausserberg genannt. Die von viel Sonnenschein, Licht und Wärme verwöhnte Gegend lässt sich praktisch das ganze Jahr auf Wanderwegen durchstreifen. Die vorliegende Route weist allerdings mit den Passagen durch das Bietschtal und durch die Jolischlucht zwei Abschnitte auf, die im Winter nicht begangen werden können.
Die Tour führt zunächst vom Bahnhof Raron zum Dorf. Zwei Kirchen gibt es dort, und beide befinden sich praktisch am selben Ort. So sieht es jedenfalls auf der Karte aus. In Tat und Wahrheit stehen die zwei Gotteshäuser übereinander; getrennt sind sie durch eine über 50 Meter mächtige Felsschicht. Der ältere Bau ragt hoch über dem Abgrund auf. Die Burgkirche stammt aus dem frühen 16. Jahrhundert und ist mit zahlreichen Fresken ausgestattet, darunter einer eindringlichen Darstellung des Jüngsten Gerichts.
Deutlich jüngeren Datums ist die darunter liegende Felsenkirche. Um zu ihr zu gelangen, verlässt man die Hauptstrasse kurz nach der Überquerung des Talflusses und biegt rechts in das Strässchen ein, das zur Felswand östlich des Dorfs führt. Von aussen deutet nur der querstehende Glockenturm darauf hin, dass sich hier eine Kirche befindet. In den 1970er-Jahren wurde sie in einer künstlich ausgebrochenen Felshöhle eingerichtet. Mit 500 Sitzplätzen bietet sie reichlich viel Platz.
Vom alten Dorfkern führt ein mit Kopfsteinpflaster gedeckter Weg zur höher gelegenen zweiten Kirche des Dorfs. In ihrem Rücken liegt ein Friedhof, auf ihrer Südseite das einsame Grab von Rainer-Maria Rilke. Auf dem Grabstein steht, wie vom Dichter testamentarisch bestimmt, der berühmte und berührende Spruch: «Rose, oh reiner Widerspruch, Lust, Niemandes Schlaf zu sein unter so viel Lidern.»
Bei der Burgkirche hat man zwei Wanderrouten zur Auswahl, die beide nach St. German führen. Die obere verläuft der Niwa-Suone entlang. Auf der unteren geht es an Rebbergen vorüber ohne grosse Höhendifferenzen zum westlichen Rand des Dorfs. Von dort steigt man auf einem steinigen, schmalen Pfad den Hang hoch zum «Höhenweg Südrampe». Den Panoramaweg entlang der Lötschberg-Bahnlinie erreicht man beim Picknickplatz Riedgarto.
Auf einem breiten Weg ohne jede Höhendifferenz geht es ins wilde Bietschtal. Das Trassee schmiegt sich in den steilen, felsigen Hang. Während des Baus der Lötschbergbahn verkehrten hier Bauzüge. Eine exponierte Passage wird mit einem kurzen Tunnel unterquert. Unmittelbar vor der Stahlbrücke, mit der die Eisenbahn das Tal überwindet, gilt es, sich zwischen zwei Varianten zu entscheiden, die beide zur Rarnerchumma führen. Der direkte Weg über den Fussgängersteg an der Bahnbrücke ist kürzer, interessanter ist jedoch der Umweg über die Naturbrücke weiter hinten im Tal. Wer ihn beschreitet, kommt schon bald am niedrigen Eingang einer Höhle vorbei; er liegt direkt am Weg, darf aber aus Sicherheitsgründen nur unter Anleitung von Bergführern betreten werden.
Etwas später zeigt sich unterhalb einer überhängenden Felswand eine weitere Grotte. Deren Durchquerung ist Teil eines Klettersteigs, der ebenfalls nur in Begleitung von Bergführern benutzt werden darf. Im Bietschtal gibt es mehrere Höhlen, die durchwegs nur unter kundiger Führung besucht werden können. Die bekanntesten sind die Nasulecher (Nasenlöcher) weiter hinten im Tal. Den beiden nebeneinander liegenden Höhlen unterhalb der Leiggeralpa entspringt ein Zufluss des Bietschbachs.
Spektakulär ist der Tiefblick in die Schlucht auf dem Weg talauswärts Richtung Rarnerchumma. Der schmale Bergweg ist teilweise etwas ausgesetzt, hangwärts aber mit Seilen gesichert. Vom «Chrüterbeizli» oberhalb des Weilers Rarnerkumme gelangt man auf dem aussichtsreichen Südrampe-Höhenweg zum Tal des Jolibachs, das auf einer kurzen, aber kräftig schwingenden Hängebrücke überquert wird. Danach geht es über Metalltreppen und durch einen ebenfalls kurzen, mit Solarenergie spärlich beleuchteten Tunnel durch die Joli-Schlucht an die Steger Suone (auf der Landeskarte als «Stägeru Süe» bezeichnet).
Nochmals viel Aussicht geniesst man auf dem steinigen Pfad, der in zahlreichen Kehren nach Niedergesteln hinunterführt. Auf einem Felssporn über dem Dorf steht die Ruine einer Burg, die einst der Sitz der Freiherren von Turn war. Der imposante Bau wurde in mehreren Etappen im 12. und 13. Jahrhundert errichtet. Er galt seinerzeit als uneinnehmbar, wurde aber 1384 bei einem Aufstand dennoch zerstört.
Oberhalb der Mauerreste gibt es eine weitere, ganz anders geartete Attraktion: Das Feschtiloch ist ein etwa 30 Meter langer Durchgang im Fels. Die Höhle lässt sich dank künstlicher Beleuchtung problemlos ohne Spezialausrüstung durchqueren: Auf der Ostseite steigt man auf einer senkrechten Leiter in die Tiefe, auf der Westseite gelangt man durch einen schrägen Aufgang wieder ans Tageslicht. Nach der Sage soll sich in einem Seitengang ein Goldschatz befinden, der jedoch nur zur Zeit der Wandlung während der katholischen Messe sichtbar sei und von fürchterlichen Untieren bewacht werde, die der Finder küssen müsse.