Wanderung Arolla - Cabane des Aiguilles Rouges - Pra Gra
Bis ans Ende der Schweiz
Wanderzeit: 6 h
Schwierigkeitsgrad: T3 Anspruchsvolles Bergwandern *
Saison: Juli - Oktober
Als trutziger, von Gletschern umkränzter Felskoloss wacht der Mont Collon über dem Hochtal von Arolla. Den besten Blick auf diesen herausragend schönen Talabschluss geniesst man von Pra Gra. Den Alpstafel erreicht man auf einer Bergwanderung, die bis in hochalpine Gefilde führt. Die Tour verläuft fast durchwegs auf Naturwegen.
Detaillierte Routenbeschreibung
Arolla liegt auf 2000 Metern Höhe zuhinterst im Val d’Hérens und damit im französischsprachigen Teil des Wallis, doch der Dorfname klingt italienisch. Darin steckt die Arolle – so nennt man im örtlichen Dialekt die Arve. Der Nadelbaum ist im Tal denn auch weit verbreitet. Erst seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist das Bergdorf mit einer Strasse erschlossen. Etwa 50 Menschen leben heute ganzjährig dort, doch noch immer wirkt Arolla ein bisschen wie aus der Zeit gefallen. Beispielhaft dafür ist das kleine Skigebiet am Mont Dolin. Die Transportanlagen sind je nach Standpunkt démodé oder nostalgisch: Statt schnittigen Gondel- oder Sesselbahnen gibt es nur Tellerlifte. Die Hauptrolle übernimmt hier die Natur und die Landschaft.
Wer das Tal besucht, erlebt eine grandiose Szenerie. Hohe, von spitzen Felstürmen gekrönte Bergketten umgeben den lieblichen Talboden, durch den sich die unverbaute Borgne in freiem Lauf dahinschlängelt. Am hinteren Ende des weiten Trogs erhebt sich der Mont Collon, ein wuchtiger, ebenmässig geformter Berg, der auf beiden Seiten von Gletschern flankiert wird. Wie ein Ausrufezeichen hinter einem Satz bildet er einen mächtigen Abschluss des Tals.
Vom Dorf bietet sich bereits ein beachtlicher Ausblick in diese gewaltige Arena. Noch eindrücklicher zeigt sich das Panorama von erhöhter Warte. Ein idealer Schauplatz dafür ist die Alp Pra Gra. Sie liegt an der Wanderroute, die vom Talboden bis an den Fuss der Aiguilles Rouges hinaufführt. Mit ihrer markanten Silhouette grenzen die «roten Nadeln» von Arolla das Tal gegen das Nachbartal Val d’Hérémence im Westen ab.
Die Tour beginnt beim Weiler La Gouille. Ein schöner Pfad führt durch Arvenwald zügig aufwärts zum Alpstafel Le Louché mit seinen niederen, von der Sonne dunkel gegerbten Ställen und weiter zum Lac Bleu. Das in einer Mulde liegende Seelein wird von einem Bächlein gespiesen, das malerisch über einen Felshang in die Tiefe plätschert, und schimmert bei Sonnenschein seinem Namen entsprechend tiefblau.
In gleichmässig steilem Anstieg setzt sich die Wanderung an der nördlichen Seite des weiten Kessels fort, den der Bergbach Torrent des Aiguilles Rouges entwässert. Schon bald lässt man die letzten knorrigen Bäume hinter sich und streift über Alpweiden. Nach einer Weile ist hoch oben am Horizont die Cabane des Aiguilles Rouges zu erkennen; die Hütte klebt wie ein Adlerhorst am Berg und markiert den höchsten Punkt der Tour.
Das Weideland wird zusehends karger, bis nur noch einzelne Gras- und Kräuterbüschel bunte Akzente in die felsigen Hänge setzen, durch die sich der Pfad in die Höhe zieht. Bevor man den letzten Anstieg zur Hütte unter die Füsse nimmt, kann man noch einen kleinen Abstecher zu einem weiteren Bergsee unternehmen (auf der Karte ist er ohne Namen vermerkt); eine blau signalisierte Wegspur führt zu ihm hin.
Der Abstieg ins Tal weist deutlich weniger Gefälle auf als die Aufstiegsroute. Die Tour nimmt nun für eine Weile den Charakter einer Höhenwanderung an. Bei prachtvoller Aussicht ins Haupttal marschiert man in der Flanke der Aiguilles Rouges. Auf der gegenüberliegenden Talseite ragt der unglaublich schlanke Felspfeiler der Aiguille de la Tsa aus der Kette der Dreieinhalbtausender heraus. Ein kurzes Wegstück ist etwas exponiert, auf der Hangseite aber mit einer Kette gut gesichert. Danach werden mehrere wunderschöne Schwemmböden überquert.
Schliesslich erreicht man die Hütten des Alpstafels (Remointse) Pra Gra, wo sich der Talabschluss von Arolla in seiner ganzen Pracht zeigt: Wie aus einer Theaterloge überblickt man hier eine grossartige hochalpine Bühne. Nicht nur das Tal findet beim Mont Collon sein Finale. Dahinter endet auch die Schweiz und es beginnt «das Land, wo die Zitronen blüh’n» (oder, trivialer formuliert: Italien).
Mit dieser eindrücklichen Kulisse vor Augen legt man auf Fusswegen und Kiessträsschen den letzten Teil des Abstiegs nach Arolla zurück. Von dort kann man mit dem Postauto bereits die Rückreise antreten. Wer die Runde vollenden will, wandert der Borgne entlang talauswärts und gelangt auf diese Weise in leichtem Auf und Ab zurück zum Ausgangspunkt La Gouille.