Wanderung Anzère-Botyre
Alles über Suonen – Suonen über alles
Wanderzeit: 1 h 50 min
Schwierigkeitsgrad: T1 Wandern *
Saison: Mai - November
Vor Jahrhunderten wurde im Wallis ein ausgefeiltes Bewässerungssystem entwickelt: Mit langen Gräben wurde Wasser aus Gletscherbächen zu trockenen Hängen geleitet. Noch heute sind viele dieser Suonen zugänglich. In Botyre ist ihnen sogar ein eigenes Museum gewidmet. Zur Einstimmung empfiehlt sich eine vorgängige Suonenwanderung. Wenig Hartbelag.
Detaillierte Routenbeschreibung
Die gemütlichsten Wanderwege der ganzen Schweiz gibt es ausgerechnet in jener Region, wo auch die höchsten Berge stehen. Das Wallis ist zwar reich an abschüssigen Hängen, doch um sie zu überwinden, braucht es keine schweisstreibenden Anstrengungen. Zu verdanken ist dies einem Erfolgsmodell, das an die 1000 Jahre alt ist.
Bereits im Mittelalter wurden im Rhonetal Suonen (oder, französisch, bisses) angelegt: Offene Wassergräben, die als munter plätschernde Bäche eiskaltes Gletscherwasser zu den sonnenexponierten Hängen bringen. Die Wasserläufe sind gesäumt von lauschigen Pfaden, die von Bäumen beschattet werden und kaum Höhendifferenzen aufweisen. Dies ermöglicht leichte Wanderungen durch überaus vielseitige Landschaften mit immer neuen Ausblicken auf Täler und Höhen.
Besonders die Suonenwege, die an den Sonnenhängen des Rhonetals angelegt sind, können oft bereits zeitig im Frühjahr und bis weit in den Spätherbst hinein begangen werden. Dabei gilt allerdings zu beachten, dass in der Regel nur während der Vegetationsperiode Wasser durch die Suonen geleitet wird.
Den Walliser Suonen widmet sich ein eigenes kleines Museum. Stilgerecht erreicht man es auf einer Suonenwanderung. Ein günstiger Ausgangspunkt ist die Postautohaltestelle Bisse d'Ayent im Gebiet Le Pertou etwas unterhalb von Anzère (wer noch eine Stunde mehr Zeit hat, beginnt die Tour bereits in Anzère/Télécabine und wandert erst der Bisse de Sion entlang nach Le Partset, wo in den Weg entlang der Bisse d'Ayent eingeschwenkt wird). Die Bisse d'Ayent verläuft in südwestlicher Richtung am Sonnenhang hoch über dem Rhonetal. Der Wanderweg führt direkt dem Bewässerungsgraben entlang mehrheitlich durch Wald, doch immer wieder erlauben Lichtungen schöne Ausblicke in die Ebene und zu den südlichen Seitentälern Val d'Hérens und Val d'Hérémence.
Bei den Häusern von Mayens d'Arbaz lohnt sich ein kurzer Abstecher zum nahen Etang Long. Laub- und Nadelbäume umgeben das milchig schimmernde Seelein, darüber wölbt sich der tiefblaue Walliser Himmel – ein zauberhafter Anblick. Nahezu in der Gegenrichtung, nun aber mit deutlich mehr Gefälle geht es der Bitailla (bisse taillé) entlang. Der teilweise in den Fels gehauene Wasserlauf wurde schon vor über 700 Jahren urkundlich erwähnt. Nur etwa 300 m vom Ausgangspunkt Le Pertou entfernt, aber 150 m Höhenmeter tiefer wird das Wasser der Suone durch ein ausgeklügeltes Verfahren in drei Kanäle geteilt und auf diese Weise mehreren Dörfern zu gerechten Anteilen zugeführt.
Hier verlässt man den Suonenweg und gelangt auf Kieswegen und kurzen Asphaltstrecken über Saxonne nach Botyre. Gleich gegenüber dem Kirchlein befindet sich das Musée des bisses. Es ist in einem denkmalgeschützten Haus aus dem 17. Jahrhundert mit ungewöhnlich bemalter Fassade untergebracht. In zehn Ausstellungsräumen wird die Geschichte der Walliser Bewässerungstechniken anhand von zahlreichen Dokumenten und Originalobjekten präsentiert. Besonders spannend ist ein Filmdokument aus den 1930-er Jahren, das unter anderem die teilweise sehr gefährlichen Unterhaltsarbeiten an den Bewässerungskanälen zeigt.
Wer nach dem Museumsbesuch nochmals Suonen in natura erleben will, wandert von Botyre ins Nachbardorf Arbaz, steigt von dort über das Val du Drahin nach Drône ab und folgt der Bisse de Lentine zum Lac de Mont d'Orge.