Wanderung Gordevio-Piano-Avegno
Kapellen-Kaskade hoch über der Maggia
Wanderzeit: 3 h 20 min
Schwierigkeitsgrad: T2 Bergwandern *
Saison: Mai - November
Eine sehr abwechslungsreiche Wanderung verbindet die beiden Dörfer Gordevio und Avegno im Maggiatal. Sie führt durch Kastanienwälder zur Hochebene Piano und auf einem aussichtsreichen Felsenweg wieder talwärts. Den Weg säumen zahlreiche Kapellen und Bildstöcke. Ausserhalb des Siedlungsgebiets verläuft die Route ausschliesslich auf Naturwegen.
Detaillierte Routenbeschreibung
Es gibt zwei Möglichkeiten, um von Gordevio ins Nachbardorf Avegno zu gelangen. Die Talwanderung dauert nicht viel mehr als eine halbe Stunde und verläuft zu einem beträchtlichen Teil der Kantonsstrasse entlang. Angenehmer und stiller, allerdings auch deutlich länger ist die Wanderung über die Aussichtsterrasse Piano. Sie führt von der Bushaltestelle zunächst zum alten Dorfteil Villa, wo sich die Ende des 13. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnte Dorfkirche befindet. Ein wunderschöner, mit Rundsteinen gepflästerter und von einem Geländer aus Kastanienbalken gesäumter Weg zieht sich sanft zu ihr hinauf. Wer ihn beschreitet, kommt an einem Bildstock vorbei, der aufgrund seiner Grösse auch ohne weiteres als kleine Kapelle eingestuft werden kann.
Im weiteren Verlauf der Wanderung wird man zahlreichen weiteren solchen Bauwerken begegnen, die auf diese Weise zu eigentlichen Begleitern auf dem Weg werden. Sie weisen alle einen rechteckigen Grundriss auf, sind etwas über zwei Meter hoch und mit Wandmalereien, vereinzelt auch mit Fresken geschmückt. Deutliche Unterschiede zeigen sie hinsichtlich ihres Zustands und mitunter auch in ihrer künstlerischen Qualität: Manche sind verwittert und dem Zerfall preisgegeben, andere hingegen sind frisch restauriert und treten mit leuchtenden Farben in Erscheinung. Häufig werden Szenen aus der Passionsgeschichte dargestellt, im Zentrum steht vielfach die Kreuzigung. Während einzelne Malereien schlicht wirken und teilweise gar etwas unbeholfen in Erscheinung treten, offenbart sich in etlichen anderen mit eindrücklicher Linienführung und fein nuancierten Kontrasten künstlerischer Anspruch und handwerkliches Können.
Nach einem kurzen ebenen Abschnitt am Rand des Siedlungsgebiets beginnt der Weg zu steigen und führt in den Wald. Dessen Gesicht wird von grossen Kastanienbäumen geprägt. Die Selve wird allerdings seit Jahrzehnten nicht mehr bewirtschaftet, weshalb die traditionsreichen Brotbäume zusehends absterben und von anderen Baumarten bedrängt werden.
In zahlreichen Kehren windet sich der Weg den steilen Hang hoch. Steinplatten, die zu Stufen aneinandergereiht sind, erleichtern den Aufstieg. In einer besonders markanten Kurve steht eine kleine Kapelle, die etwas grosszügiger ausgestattet ist als die anderen Bildstöcke am Weg: Sie weist ein mit Säulen gestütztes Vordach auf, unter dem sich eine Steinbank befindet. Ursprünglich war diese wohl primär der geistigen Einkehr zugedacht, sie bietet sich aber durchaus auch für eine kurze weltliche Rast an.
An heissen Tagen sorgt das Blätterdach der Bäume während des Aufstiegs für angenehme Kühlung. Allerdings wird dadurch auch die Aussicht limitiert. Doch weiter oben wird man schon bald reichlich entschädigt. Beim Maiensäss Pii öffnet sich, vorerst noch etwas zaghaft, die Sicht zum Talboden der Maggia und zum Talhauptort Maggia. Nach einem letzten, zwanzigminütigen Aufstieg durch ein Birkenwäldchen ändert sich die Szenerie deutlich: Nun lässt man den Wald hinter sich und betritt eine grasbedeckte, sanft gewellte Ebene, die ein wenig einer Tundra gleicht. Dichte Büschel von zähem Riedgras durchsetzen das Weideland, darüber wölbt sich ein grosser, weiter Himmel.
Nach dem langen, gleichförmigen Aufstieg im Wald erinnert dieser Übergang an das Eintauchen in einen fantastischen, farbenfrohen Traum. Erst recht Anlass dafür, sich verwundert die Augen zu reiben, gibt es einige Schritte weiter vorne, wo sich ein kolossales Naturbühnenbild entfaltet: Zwischen dem Gambarogno und dem Pizzo Leone zieht sich der Lago Maggiore in erhabener Gelassenheit gegen Italien hin.
Hier, beim Wegweiser mit der Standortbezeichnung Piano, ist der höchste Punkt der Tour erreicht. Noch einige Meter höher, am Rand der Hochebene, befindet sich eine Holzbank, die eine ungehinderte Aussicht zur Traumlandschaft des Lago Maggiore und zugleich in den rückwärtigen Teil des Maggiatals erlaubt.
Sehr steil fällt das Gelände gegen Avegno hin ab. Der Bergweg weist jedoch kein grösseres Gefälle als beim Aufstieg auf, da er kunstvoll in den Hang gelegt ist und die beträchtliche Höhendifferenz mit vielen Treppenstufen und Serpentinen überwindet. Ausgesetzte Felspartien werden auf diese Weise gefahrlos umgangen, bieten aber dank spärlichem Bewuchs schöne Ausblicke in den Talboden der Maggia und zum Lago Maggiore. Auch hier stehen an verschiedenen Stellen bunt ausgeschmückte Bildstöcke am Wegrand.
Avegno, das Ziel der Wanderung, gliedert sich in zwei historische Dorfkerne, um die sich neuere Quartiere gruppieren. Im Ortsteil Avegno di Dentro steht die Pfarrkirche, die den beiden Heiligen Luca und Abbondio geweiht ist. Das Bauwerk stammt aus dem 13. Jahrhundert und wurde seither in mehreren Ausbauschritten erweitert. Bemerkenswert sind der hochaufragende Turm sowie die Wand- und Glasmalereien aus dem letzten Viertel des 20. Jahrhunderts.