Wanderung Bellinzona-Prada
Gespenstische Stille in Prada
Wanderzeit: 2 h 40 min
Schwierigkeitsgrad: T1 Wandern *
Saison: Ganzjährig begehbar
Bellinzona verfügt über imposante, gut erhaltene mittelalterliche Wehranlagen. Den besten Blick darauf hat man vom Castello Sasso Corbaro, das Teil des einstigen Schutzdispositivs war. Die Rundwanderung führt zudem ins Geisterdorf Prada. Ausserhalb des Siedlungsgebiets durchwegs Naturwege.
Detaillierte Routenbeschreibung
Mit drei mächtigen Burgen in Bellinzona riegelten die Herzöge von Mailand seinerzeit das Tal des Ticino-Flusses gegen Übergriffe der eroberungslustigen Eidgenossen ab. Doch dann kam die Natur und knackte die Barriere: 1513 staute ein Murgang bei Biasca einen riesigen See auf. Nach zwei Jahren brach dieser aus und riss in seinem Unterlauf alles mit sich – auch die gewaltige befestigte Brücke in Bellinzona, die Teil der Wehranlage war. Das Ereignis pflügte die Landschaft komplett um.
Weil die Eidgenossen mittlerweile in Bellinzona bereits ihre Finger im Spiel hatten, wurde darauf verzichtet, die Lücke im Schutzsystem wieder zu schliessen. Glücklicherweise wurden die Kastelle nicht geschleift, sondern konnten sich in gutem Zustand als monumentale Zeugen vergangener Zeiten bis in unsere Tage erhalten. Die beiden unteren Burgen – Castelgrande und das leicht erhöhte Montebello – flankieren die Altstadt. Sasso Corbaro hingegen, der dritte Wehrbau, thront mehr als 200 Meter über der Stadt und der Ticino-Ebene.
Ein Wanderweg führt direkt vom Bahnhof hoch. Über Quartiersträsschen und auf Treppenwegen geht es zuerst hinauf nach Artore. Etwas weiter oben verzweigen sich die Wanderwege; auf einer Strasse geht es quer hinüber zum Kastell. Am Weg zur einstigen Kriegsfestung liegt sinnigerweise das Grotto dei Pacifici. Auch in der Burg selbst gibt es ein Restaurant.
Die Wanderung lässt sich mit einer interessanten Fortsetzung ergänzen, indem man von der Burg zuerst auf gleichem Weg zur Wegverzweigung oberhalb Artore zurückkehrt. Von dort geht es dann in gemächlichem, aber stetigem Anstieg aufwärts. Bis Pian Laghetto werden Rebgebiete und Obstgärten durchquert, danach taucht man in schönen Mischwald mit stattlichen Kastanienbäumen ein. Zwischendurch säumt ein munteres Bächlein den Weg. Die kurze Rundwanderung bietet somit in kompakter Form viele Reize des Südens.
Hoch oben verflacht sich die Route allmählich. Der Lärm der Stadt liegt weit zurück. Friedvolle Stille ruht über der einsamen Waldlandschaft. Dann gelangt man an einen Ort, wo die Idylle bis vor wenigen Jahren unvermutet in eine geradezu gespenstische Atmosphäre kippte. Schutthaufen und zerfallene Steinmauern zwischen den Bäumen zeugten davon, dass an dieser Stelle einst das Dorf Prada lag. Zwischen Überresten einfacher Hütten konnte man hohe Mauern entdecken, in deren Kronen sich Baumwurzeln eingegraben hatten. Das Dorf wurde vor bald 400 Jahren aufgegeben. Die Gründe dafür sind unbekannt, ein Zusammenhang mit der Pest wird vermutet.
Lange Zeit waren die zerfallenen Wände und Tore ein beklemmendes, aber interessantes Mahnmal der Vergänglichkeit. Doch dann trat eine Stiftung auf den Plan, die sich zum Ziel setzte, das Dorf zu «erhalten» und ihm «Würde» und «mehr Sichtbarkeit» zu geben. Konkret wurde eine radikale Waldräumung vorgenommen und die Restaurierung ausgewählter Gebäude in die Wege geleitet. Angestrebt wird letztlich eine Art Freilichtmuseum.
Am Rand des ehemaligen Geisterdorfs, dem nun der Spuk gründlich ausgetrieben wird, steht die Kapelle San Girolamo. Sie ist im Laufe der Zeit immer wieder saniert worden und zeigt sich deshalb in einem guten Bauzustand. Der Abstieg zurück in die Stadt verläuft auf einem wunderschönen, steilen Steinplattenweg. Beim Spital San Giovanni im Stadtteil Ravecchia endet die Wanderroute. Entlang der Via Ospedale gelangt man in die Altstadt und kehrt von dort zum Bahnhof zurück.