Wanderung Walenstadt-Berschis
Verborgener Wasserfall und gemauertes Heilmittel
Wanderzeit: 2 h 40 min
Schwierigkeitsgrad: T1 Wandern *
Saison: April - November
Kurz, aber reich an Überraschungen ist die Wanderung von Walenstadt nach Berschis im Talboden der Seez. Am Weg liegen ein grossartiger Wasserfall und eine Kapelle mit angeblich heilkräftigem Altar. Knapp die Hälfte der Tour verläuft auf asphaltierten Strässchen.
Detaillierte Routenbeschreibung
Wer mit dem Zug von Zürich Richtung Bündnerland fährt, entdeckt kurz nach dem Walensee am Fuss der Churfirsten einen bewaldeten Felsrücken, auf dessen kahler Kuppe eine kleine Kirche steht. Es handelt sich um die Wallfahrtskapelle St. Georg, die vermutlich bereits im ersten Jahrtausend errichtet wurde und als eine der ältesten zweischiffigen Sakralbauten der Schweiz gilt. Die aussichtsreiche Hügelspitze, auf der sie steht, ist nach ihr benannt und heisst Georgenberg. Vor 2000 Jahren befand sich dort ein römisches Kastell. Wie die anderen Gebiete der heutigen Schweiz stand die Walenseeregion damals unter der Herrschaft Roms. Bis in die heutigen Tage finden sich in der Gegend Spuren aus jener Zeit.
Der Georgenberg liegt an einem Wanderweg, der Walenstadt mit Sargans verbindet. Der östliche Teil verläuft allerdings mehrheitlich im Wald und weist zudem längere Teilstücke auf Hartbelag auf. Es empfiehlt sich deshalb, die Tour um diesen Abschnitt zu kürzen und dafür den westlichen Abschnitt um eine kurze Zusatzrunde zum Wasserfall des Berschnerbachs zu ergänzen.
Das Städtchen Walenstadt ist Ausgangspunkt der Wanderung zum Georgenberg. Der Bahnhofstrasse entlang gelangt man ins Stadtzentrum, von dort geht es am Fuss eines Weinbergs nach Tscherlach und in leichtem Auf und Ab, teilweise im Wald, teilweise über Wiesenland, weiter nach Brüsis. Ein altes, von Trockensteinmauern gesäumtes Flursträsschen führt nach Berschis. Der eigenartige Ortsname wird auf ein rätoromanisches Wort zurückgeführt und soll etwa «beim Bergwacholderstrauch» bedeuten.
Noch bevor man ins Dorf gelangt, geht der Kiesbelag in Asphalt über. Die Strasse führt dem sanft vorbeiziehenden Berschnerbach entlang und wechselt dann auf dessen Westseite. Statt auf dem Wanderweg ins Dorfzentrum zu marschieren, folgt man dem parallel zum Bach verlaufenden Strässchen weiter, um nach wenigen Dutzend Schritten den Wasserlauf erneut zu überqueren. In sanftem Aufstieg geht es nun in ein schmales Tal.
Dieses Teilstück der Wanderung verläuft ausserhalb des offiziellen, gelb gekennzeichneten Wanderwegnetzes, ist aber dennoch signalisiert, nämlich mit braunen Tafeln (einer bis Ende des 20. Jahrhunderts üblichen Methode, Natur- und Kunstdenkmäler mit sogenannten Kulturwegen zu erschliessen).
Die Schilder führen die Wanderer immer tiefer in die von hohen Felswänden umgebene Schlucht. Nach einer kurzen Aufstiegspassage öffnet sich der Blick auf einen prachtvollen, 46 Meter hohen Wasserfall. Mit grosser Geste schiesst der Dorfbach über eine Felswand in die Tiefe. Das Wasser donnert auf Felsblöcke, wodurch feine Schwaden freigesetzt werden. Diese ziehen sich bis zum Brücklein hinunter, das sich über den Wasserlauf spannt – und bringen damit an heissen Tagen erhitzten Wandergesichtern eine kühlende Wohltat.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Bachs wird der Weg sehr steil. Über teilweise hohe Treppenstufen gewinnt man zügig an Höhe. Der Pfad mündet schliesslich in ein Strässchen, dem man talwärts folgt. Nach knapp einem Kilometer erreicht man eine Informationstafel, wo der Wanderweg von der Strasse links abzweigt und im Wald sanft aufwärtsführt. Die Tafel berichtet über spätrömische und frühmittelalterliche Gräber, die man hier gefunden hat, und ist eine von sechs Stationen des Kulturwegs St. Georgenberg. In dessen Zentrum steht die Kapelle weiter oben auf dem Felsrücken. Sie ist in der Regel geschlossen; wer sie besichtigen will, muss vorgängig den Schlüssel bei einer der Personen abholen, die unter www.sesowa.ch als Schlüsselwärter/innen aufgeführt sind.
Die Kapelle ist dem heiligen Georg geweiht, um den sich zahlreiche Legenden ranken. Die bekannteste schildert, wie er im Namen des Kreuzes eine libysche Stadt von einem fürchterlichen Drachen befreite. Das Kirchlein ist ein architektonisches Sammelsurium, das sich aus Elementen der Frühromanik bis zur Spätgotik zusammensetzt. Das niedrige Gewölbe umfasst einen schlichten Raum, dessen weisse Wände teilweise mit Malereien aus dem 16. Jahrhundert versehen sind.
An der Rückseite des Altars verbirgt sich eine Kuriosität: Etwa 30 cm über dem Boden weist die Mauer eine grosse Höhlung auf, die als Kopfwehloch bezeichnet wird. Nach dem Volksglauben sollen Kopfschmerzen gelindert werden, wenn man vor der Öffnung auf den Boden kniet, den Kopf ins Loch steckt und gegebenenfalls auch noch summt.
Der Abstieg zurück ins Dorf führt an einer Lourdesgrotte vorbei, vor der auf einer Wiese zahlreiche Kirchenbänke angeordnet sind. Die Freilichtkapelle mit der künstlich ausgebrochenen Höhle wurde anfangs der 1920er-Jahre angelegt zum Dank dafür, dass das Dorf von einer rundherum wütenden Viehseuche verschont geblieben war.
Nicht weit davon entfernt liegt der «Ughür Brunnä», ein mit Wasser gefülltes Loch am Fuss einer Felswand (der Zugang ist mit einem Wegweiser signalisiert). Früher glaubte man, die Höhle habe keinen Grund. Messungen haben ergeben, dass sie etwa 4,5 Meter tief ist. Es wird vermutet, dass sie aus der Römerzeit stammt und als Frischwasserspeicher diente.
Über das Weideland gelangt man zurück zum Strässchen, das ins Dorfzentrum von Berschis hinunterführt.