Wanderung Thayngen-Schaffhausen
Zum Unterschlupf der Pfannenflicker
Wanderzeit: 3 h 50 min
Schwierigkeitsgrad: T1 Wandern *
Saison: Ganzjährig begehbar
Zu Höhlen und Löchern verschiedener Art führt die leichte und zu jeder Jahreszeit begehbare Wanderung von Thayngen nach Schaffhausen. Mit dem Kesslerloch und der Balm von Schweizersbild verbindet sie zwei der bedeutendsten archäologischen Fundstätten der Schweiz. Ausserhalb des Siedlungsgebiets verläuft die Wanderung praktisch durchwegs auf Naturbelag.
Detaillierte Routenbeschreibung
In der Region Thayngen-Schaffhausen gibt es mehrere bedeutende Stätten, an denen Objekte aus der Steinzeit gefunden wurden. Ein Themenweg führt zu mehreren dieser Fundstellen; Informationstafeln geben jeweils über die wichtigsten Fakten Auskunft. Der «Steinzeitpfad» ist in drei Touren gegliedert, die sich teilweise überschneiden. Im Unterschied zu den beiden anderen Varianten verläuft die hier empfohlene Route mehrheitlich auf Naturwegen und durchwegs auf signalisierten Wanderwegen.
Den Paukenschlag gibt es gleich zum Einstieg: Die Tour beginnt beim Kesslerloch, einer Höhle mit zwei einander gegenüberliegenden Eingängen. Sie überdeckt eine Fläche von rund 200 Quadratmetern und wird innen von einem Steinpfeiler unterteilt. Der Weg dorthin ist nicht sonderlich attraktiv: Vom Bahnhof Thayngen geht es auf Trottoirs und Strässchen in westlicher Richtung den Gleisen entlang. Die ausserhalb des Dorfs gelegene Höhle diente früher Fahrenden als Rückzugsort. Ihren Lebensunterhalt fristeten diese unter anderem mit dem Schleifen von Scheren und Messern, dem Ausbessern von zerbrochenem Geschirr und dem Flicken von löchrigen Pfannen und Kesseln. Solchen Tätigkeiten verdankt die Höhle auch ihren heutigen Namen: Das «Loch» war bis im 19. Jahrhundert ein Unterschlupf für die «Kessler».
Die Besiedlungsgeschichte der Höhle reicht jedoch viel weiter zurück. Am Ende der letzten Eiszeit liessen sich dort jahrtausendelang immer wieder Menschen nieder, die primär von der Rentierjagd lebten. 1873 wurden dort die ersten Spuren dieser Besiedlung entdeckt. Seither sind Tausende von Fundstücken zum Vorschein gekommen. Dazu gehören Waffenteile, Schmuckstücke und Kunstwerke aus Stein, Geweih und Knochen. Zu internationaler Bekanntheit gekommen ist etwa die Ritzzeichnung «Weidendes Rentier» auf einem Stück Rentiergeweih.
Das Kesslerloch gilt aufgrund dieser reichen Bestände als einer der wichtigsten altsteinzeitlichen Fundplätze Europas. Unzählige Knochenüberreste ermöglichten es, den Speisezettel unserer Vorfahren zu rekonstruieren. Gejagt wurden damals über 50 verschiedene Tierarten, darunter neben Steinbock, Gämse und Schneehase auch Wildpferd, Mammut und Wollnashorn.
Auf gleichem Weg geht es zurück zum Bahnhof Thayngen, dann zum Kreisel im Dorfzentrum und an den nahen Biberbach. Dem Wasserlauf folgend gelangt man nach Hütteläbe, steigt dort zum Waldrand auf und erreicht über eine Metalltreppe das Churzloch. Dabei handelt es sich nicht etwa um eine Höhle, sondern um einen langgezogenen Graben im Wald, der während der letzten Eiszeit von einer Schmelzwasserströmung unter dem Eisschild geschaffen wurde. Nach dem Rückzug des Gletschers füllte sich die ursprünglich tiefe Schlucht zu einem grösseren Teil mit Sand und Kies auf. Sie weist aber immer noch beachtliche Dimensionen auf, ebenso wie das sich wenig später anschliessende Langloch.
Weiterhin mehrheitlich im Wald führt der Wanderweg an einer Reihe von Weihern vorbei an den Fuss des Schlosses Herblingen (die Anlage ist in Privatbesitz) und senkt sich danach sanft zum Dachsebüel. Am Fuss des bewaldeten Hügels, direkt am Weg, liegt eine kleine Höhle, in der man 1874 auf eine Grabstätte aus der Bronzezeit stiess. Dabei handelte es sich um die nebeneinander liegenden Skelette eines Mannes und einer Frau, deren Gesichter einander zugewandt waren. Der Ausgräber, ein Schaffhauser Arzt, sprach deshalb von einer «Totenhochzeit».
Die letzten drei Wanderkilometer verlaufen auf Trottoirs und Quartiersträsschen, führen mehrheitlich durch Wohngebiete und enden beim Bahnhof Schaffhausen. Zuvor lohnt es sich jedoch, beim Dachsebüel nicht gleich auf den Weg Richtung Schaffhauser Innenstadt einzuschwenken, sondern dem stadtauswärts verlaufenden Trottoir Richtung Schweizersbild zu folgen. Der seltsame Flurname wird auf ein Heiligenbild zurückgeführt, das dort im Mittelalter angebracht war und das ein Mann namens Schwytzer gestiftet hatte.
Wie aus dem Nichts erhebt sich im flachen Gelände ein 16 Meter hoher Felsriegel, dessen Westseite als Abri (Felsüberhang) ausgebildet ist. Auch dieser Ort wurde in der Steinzeit wiederholt von Menschen aufgesucht. Im Schutz der Felswand schlugen sie am Ende der letzten Eiszeit ihre Zelte auf. Die historisch bedeutende Stätte liegt heute etwas verloren zwischen Gewerbebauten und einer Wohnsiedlung.