Heidi ist universal. Die beiden Romane von Johanna Spyri um das Waisenkind, seinen knorrigen Grossvater und den verstockt-eifersüchtigen Geissenpeter sind an keine Zeit und eigentlich auch an keinen bestimmten Ort gebunden. Allerdings verortete die Autorin das Geschehen tatsächlich in die Region Maienfeld/Bad Ragaz – für Tourismusorganisationen, Bergbahnen und Hotels eine unwiderstehliche Versuchung, daraus Kapital zu schlagen. Und das hat man auch wacker gemacht, indem man auf Pardiel, am Nordhang des Pizol, einen «Heidipfad» angelegt und die Landschaft mit künstlichen Ziegen und Metalltafeln ausgestattet hat.
Für Wanderer, die unberührte Natur mögen, klingt das abschreckend. Vor dem inneren Auge sehen sie Horden von Familien, die sonst kaum wandern, über einen kommerziell möblierten Themenweg ziehen. Die Realität ist weit weniger schlimm. Die Ziegen am Weg sind aus Holz und bergen in ihrem Rücken Informationstafeln zu verschiedenen Themen der Heidi-Romane. Zwei Spielplätze sind vorwiegend mit Naturmaterialien eingerichtet und fügen sich harmonisch ins Gelände. Der erste davon ist zusätzlich mit einem Barfusspfad und einem kleinen, auch für Kinder geeigneten Kneipp-Becken ausgestattet, der zweite mit einer befestigten Feuerstelle.
Gemessen an der Dauer ist die Wanderung auf dem «Heidipfad» eigentlich bloss ein Spaziergang, der verhältnismässig viel Reiseaufwand verursacht. Doch zwei Faktoren lassen die kurze Tour trotzdem zu einem vollwertigen Wandererlebnis werden. Die Route liegt nämlich einerseits in einer idyllischen Landschaft mit blumenreichen Alpweiden, Bergwäldern und Bächen. Andererseits geniesst man eine eindrückliche Aussicht zunächst ins St. Galler Rheintal und zu den Churfirsten, später ins Prättigau und ins Churer Rheintal.
Der Rundweg ist im Gegenuhrzeigersinn ausgeschildert und beginnt mit dem praktisch ebenen Teilstück zum Schwarzbüelhüttli. Dieser Abschnitt lässt sich auch mit geländegängigen Kinderwagen begehen. Danach beginnt der Weg zu steigen. Sanft windet er sich in mehreren Kurven nach Schwarzbüel hinauf; dort laden mehrere Ruhebänke dazu ein, das umfassende Panorama auszukosten. Erneut praktisch ebenen Wegs geht es nun in der Gegenrichtung zum Pardieler Obersäss. Von dort führt ein kurzer Abstieg zurück zur Gondelbahnstation Pardiel.