Wanderung Winden-Roggwil-Arbon
Meersicht im Oberthurgau
Wanderzeit: 2 h
Schwierigkeitsgrad: T1 Wandern *
Saison: Ganzjährig begehbar
Der Bodensee ist die Richtschnur dieser leichten Wanderung im Oberthurgau. Die Tour führt an ausgedehnten Obstgärten vorbei und endet am Ufer des «Schwäbischen Meers». Ausserhalb des Siedlungsgebiets praktisch durchwegs Naturwege.
Detaillierte Routenbeschreibung
Schwabenland war überall, jedenfalls im Mittelalter. Das damalige Herzogtum Schwaben umfasste nicht nur die heute als schwäbisch bekannten Gebiete in Südwestdeutschland, sondern auch die Ostschweiz sowie grosse Teile von Graubünden und Vorarlberg. Mittendrin in diesem stattlichen Imperium lag der Bodensee, den man wegen seiner Ausdehnung auch «Schwäbisches Meer» nannte. Heute wird die Bezeichnung meist nur noch scherzhaft verwendet, denn der Bodensee erreicht die Dimensionen eines echten Ozeans natürlich nicht wirklich: Sowohl seine Länge als auch seine Fläche sind je etwa zehn Prozent kleiner als jene des Genfersees, an der tiefsten Stelle ist er 10 Meter weniger tief als der ungleich kleinere Brienzersee, im Winter nimmt sein Pegelstand wegen des reduzierten Schmelzwasserzuflusses gar um bis zu zwei Meter ab.
Dennoch ist es nicht gänzlich abseitig, diesen ausgedehnten See als Meer zu betrachten. Davon kann man sich auf der vorliegenden Wanderung überzeugen. Sie beginnt bei der Bahnstation zwischen dem sanktgallischen Dorf Häggenschwil und dem Thurgauer Weiler Winden. Gleich am Ausgangspunkt hat man eine weite Sicht auf den Bodensee – aus der Ferne offenbart er tatsächlich einen geradezu ozeanischen Charakter.
Ein schöner Kiesweg führt zum Wenderholz, durch den Wald und vorbei an langen Reihen von Apfelbäumen nach Esserswil und weiter nach Roggwil. Der Anbau von Kernobst hat in der Region eine lange Tradition und nimmt in deren Landwirtschaftssektor eine bedeutende Stellung ein. Die teils nieder-, teils hochstämmigen Bäume bieten von der Blüte im Frühling bis zur herbstlichen Fruchtreife während der ganzen Vegetationszeit einen herrlichen Anblick. In schönem Kontrast dazu steht der See, der sich am Horizont immer wieder ausschnittweise zeigt.
In Roggwil gelangt man am Schloss und am prachtvollen Riegelbau des Gasthofs Traube vorüber zur Wanderwegkreuzung an der Hauptstrasse. Dort schwenkt man auf die in Richtung Mörschwil signalisierte Wanderroute ein. Nach knapp einem halben Kilometer, kurz vor dem Gehöft Baumühle, verlässt man diese bei der nächsten Wegverzweigung wieder, indem man zum Wanderweg nach Arbon abzweigt. Dieser führt zu den Gärten und Produktionsanlagen der Heilmittelfirma A. Vogel. Wenig später erreicht man das zur Stadt Arbon gehörende Quartier Stachen. Ein kleiner Abstecher wenige Dutzend Schritte nach Norden führt einen zur Mosterei Möhl, einem der grössten Apfelsaftproduktionsbetriebe der Schweiz. Im zugehörigen MoMö-Museum (der neckische Anklang an das ungleich berühmtere MoMA in Manhattan ist gewollt) erhält man Einblick in Geschichte und Technik des Obstanbaus und der Mostherstellung.
Topfeben ist die Landschaft auf dem letzten Abschnitt der Wanderung. Der Weg verläuft zunächst zwischen Wohnquartieren und einer weiten, früher versumpften Grünfläche, die im Zweiten Weltkrieg trockengelegt wurde. Einst reichte die Bucht von Arbon bis hierhin. Sie verhalf dem Ort auch zu seinem Namen, geht dieser doch auf die keltische Bezeichnung «harbon» für Bucht zurück. Die Römer missdeuteten das später und machten daraus «arbor felix» – einen glücklichen Baum. Im Laufe der Zeit wurde das Becken zusehends vom Geschiebe mehrerer zufliessender Bäche aufgefüllt, gilt jedoch noch immer als grösste Bucht am ganzen Bodensee.
Nach der Durchquerung des Werk-Zwei-Parks (benannt nach einem der Produktionskomplexe des einst international bedeutenden Schweizer Nutzfahrzeugproduzenten Saurer) gelangt man zum Bahnhof, wo die Wanderung endet. Es empfiehlt sich allerdings, daran einen kleinen Bummel auf der Seepromenade bis zum Schlosshafen anzuschliessen und von dort auch noch die verwinkelten Gassen der Altstadt zu erkunden.