Wanderung Weesen-Quinten
Subtropische Insel im kühlen Norden
Wanderzeit: 3 h
Schwierigkeitsgrad: T2 Bergwandern *
Saison: Mai - November
Quinten ist eines der ungewöhnlichsten Dörfer der Schweiz. Dank einem ausserordentlich milden Mikroklima weist es eine geradezu subtropische Vegetation auf. Erreichbar ist die Siedlung am Walensee einzig zu Fuss oder mit dem Schiff. Am einfachsten ist der Zugang für Wanderer ab Lehni bei Weesen. Kaum Hartbelag.
Detaillierte Routenbeschreibung
Wer dem Walensee entlangfährt und über das Wasser hinweg zur Nordseite des Sees blickt, erkennt rasch, dass dort unwegsame Verhältnisse herrschen: In steilen Felsvorsprüngen und schroffen Flühen fällt die Churfirstenkette zum See ab. Fast 2000 Höhenmeter liegen zwischen ihrem höchsten Gipfel, dem 2306 Meter hohen Hinterrugg, und dem Seespiegel. Doch mitten in dieser Wildnis von Felsen und Wäldern erkennt man eine liebliche Oase. Auf einer Lichtung am See gruppieren sich mehrere Häuser um ein Kirchlein; Wiesen und Rebhänge umgeben das Dörfchen.
Quinten ist aufgrund seiner speziellen Lage weder mit Strassen noch mit Bahnen erschlossen. Einzig auf dem Wasserweg ist das Dorf erreichbar: Auf dem Walensee verkehren zwischen Murg und Quinten das ganze Jahr hindurch Kursschiffe. Und natürlich gibt es auch Wanderwege, entweder von Osten her ab Walenstadt oder ab Weesen am westlichen Ende des Walensees. Die Route ab Weesen ist kürzer, allerdings wandert man die ersten drei Kilometer bis Betlis durchwegs auf Hartbelag. Deutlich schöner ist der Zugang ab Lehni.
Der Ausgangsort ist eine prosaische Bushaltestelle an der Strasse von Weesen nach Amden, abseits von Siedlungsgebieten und Gaststätten. Zum Einstieg geht es gleich abwärts. Durch Wald und über Wiesen gelangt man zur Wegverzweigung Schöpfsack, wo die Route in den Walsa-Weg (SchweizMobil-Route 68) mündet. Im Gebiet Hinterbetlis zeigen sich bereits erste Anzeichen für das ungewöhnlich milde Klima der Gegend: In den Gärten stehen Palmen und Feigenbäume.
Auf dem Weg nach Vorderbetlis gibt es den einzigen nennenswerten Hartbelagsabschnitt der Wanderung, doch selbst dieser ist kaum einen Kilometer lang. Bis zum Seerenwald weist die Route vorläufig kaum Höhendifferenzen auf. Es lohnt sich aber, bei Vorderbetlis die Abzweigung zum Wasserfall des Seerenbachs einzuschlagen und im Wald wenige Dutzend Höhenmeter aufzusteigen, um ein doppeltes Naturspektakel zu erleben. Der Seerenbach stürzt in einer dreistufigen Kaskade insgesamt 585 Meter in die Tiefe. Die mittlere Stufe misst volle 305 Meter und gilt damit als einer der höchsten Wasserfälle der Schweiz. Noch viel mehr Wasser führt die seitlich entspringende Rinquelle. Direkt aus dem Berg schiesst hier ein veritabler Fluss. Das Wasser sprudelt aus einem komplexen System von unterirdischen Gängen und Siphons ans Tageslicht.
Wild und abenteuerlich zeigt sich die Topografie im Seerenwald. Der Wanderweg ist kunstvoll in den teilweise sehr steilen Hang gelegt und beschreibt etliche Auf- und Abstiege. An manchen Stellen ist der Pfad so schmal, dass sich kaum zwei Personen kreuzen können, doch stets sorgen talseitige Geländer und an manchen Stellen auch hangseitige Ketten für Halt und Sicherheit. Weg und Landschaft erinnern ein wenig an die ligurische Mittelmeerküste: Zwischen den Bäumen öffnen sich mehrfach wunderschöne Ausblicke zur blaugrün schimmernden Wasserfläche des Walensees und zu den Bergen auf dessen Südseite; dominiert wird das prachtvolle Panorama vom Mürtschenstock.
Beim Wegweiserstandort Seerenwald gilt es, sich zu entscheiden – nach Quinten stehen zwei Varianten zur Verfügung. Die Route via Bidem steigt noch weiter hoch und führt danach mit relativ rabiatem Gefälle an den See hinunter. Kürzer und weniger steil ist der direkte Weg über Steinlaui. Er führt an einer Maulbeerplantage im Gebiet Laueli vorüber (die Blätter dienen zur Seidenraupenzucht) direkt ins Dorf.
Je näher man dem See kommt, umso vielfältiger und erstaunlicher zeigt sich die Vegetation. Das ungewöhnliche Mikroklima von Quinten ermöglicht den Anbau verschiedener Bäume, die sonst auf der Alpennordseite kaum vorkommen: Hier gedeihen nicht nur Edelkastanien und Feigen, sondern auch Khakifrüchte, sogar Palmen und Bananenstauden sieht man. Besonders günstig ist der Standort aber für den Rebbau. Rund um das Dorf werden auf rund sechs Hektaren Trauben angebaut. Gekeltert werden sie auf der anderen Seeseite; nach der Ernte müssen sie somit per Schiff über den See gebracht werden.