Wanderung St. Gallen - Bernhardzell
Brückenkosmos und Auenidyll
Wanderzeit: 5 h 40 min
Schwierigkeitsgrad: T1 Wandern *
Saison: Ganzjährig begehbar
Die leichte Wanderung entlang der Sitter gliedert sich in zwei höchst unterschiedliche Teile. Zunächst geht es auf dem St. Galler Brückenweg zu einer Vielzahl von Verkehrswegen, die den Fluss auf ebenso verschiedenartigen Bauwerken überqueren. Danach folgt man dem Wasserlauf durch weitgehend unberührte Naturlandschaften. Auf der ersten Hälfte der Route einige Abschnitte auf Hartbelag auch ausserhalb des Siedlungsgebiets; sonst meist Naturwege.
Detaillierte Routenbeschreibung
Der St. Galler Brückenweg beginnt bei der Bahnstation St. Gallen/Haggen. Zunächst folgt man den Wanderwegen Richtung Gonten bzw. Stein AR. Am historischen Gasthaus Schlössli vorüber gelangt man zur Haggenbrücke. Die filigrane Fachwerkbrücke aus Eisen wurde 1936 gebaut. Mit einer Höhe von knapp 100 Metern gilt sie als einer der höchsten Stege Europas. In sanftem Abstieg geht es in den Graben des Wattbachs; der Bach wird auf einer alten Steinbrücke überquert. Gleich zwei gedeckten Holzbrücken aus dem 18. Jahrhundert begegnet man weiter unten bei der Mündung des Wattbachs in die Sitter. Zweibruggen, so lautet treffend der Flurname. Das eine Bauwerk führt über den Wattbach zurück nach Norden; auf dem anderen überquert man die Sitter westwärts.
Drüben geht es im Wiesland mässig steil hinauf nach Störgel, danach zunächst ebenen Wegs und dann wieder abwärts nach Kubel, wo sich eine weitere gedeckte Holzbrücke über die Urnäsch spannt. Der Brückenweg bleibt zwar auf der Ostseite des Gewässers; dennoch lohnt es sich, das schmucke Bauwerk näher in Augenschein zu nehmen, das wegen der Inschriften an den Querbalken des Dachaufbaus «sprechende Brücke» genannt wird.
Wesentlich nüchterner tritt demgegenüber die kastenförmige gedeckte Holzbrücke in Erscheinung, auf der erneut die Sitter überquert wird. Umso eindrücklicher ist dafür der Sitterviadukt, über den die Eisenbahnzüge Richtung Toggenburg praktisch an gleicher Stelle, aber 100 m höher hinwegdonnern. Pfeiler und Gewölbe der 1910 eröffneten Brücke sind in Stein gebaut, ein 120 m langer Stahlträger schliesst die Mittelöffnung. Der Sitterviadukt gilt als höchste normalspurige Eisenbahnbrücke dieser Bauart in ganz Europa.
Die architektonische Vielfalt am St. Galler Brückenweg ist eindrücklich. So begegnet man simplen Zweckbauten wie der nun folgenden Werkbrücke zur Wasserkraftwerk-Kaverne Kubel oder der Betonbrücke zur Erschliessung des Industriegeländes Spisegg (das 1980 erstellte Bauwerk kostete weniger als ein Einfamilienhaus). Andererseits gibt es veritable Preziosen wie die von Charles Chopard entworfene und 1941 eröffnete, in anmutiger Eisenbetonkonstruktion ausgeführte Fürstenlandbrücke zu entdecken.
Besondere Aufmerksamkeit verdienen zwei Stege von 1882. Jener, der zum Billenbergweg führt, wurde 2002 mit einer stählernen Fachkonstruktion erneuert. Der Ganggelibrogg-Steg hingegen präsentiert sich noch heute in seinem ursprünglichen Erscheinungsbild; mit seinen hübschen Eisenguss-Elementen ist der Hängesteg ein historisches Kleinod. Der Brückenweg endet bei der doppelt ausgeführten Brücke in der Spisegg: Wer auf der nüchternen Betonbrücke aus dem Jahr 1964 steht, blickt hinüber zur 1779 erbauten gedeckten Holzbrücke.
Während die Wanderung entlang der Sitter weitergeht, zeigen Landschaft und Wege jetzt ein deutlich anderes Gesicht. Abseits von Siedlungsgebiet durchströmt der Fluss einsame Auengebiete. Ist der Brückenweg mit mehreren Hartbelagsabschnitten durchsetzt (das längste Stück befindet sich im Raum Sittertal/ARA und misst 1,3 km), marschiert man ab der Spisegg praktisch nur noch auf Naturwegen.
Der Uferweg verläuft durchwegs auf der östlichen Seite der Sitter. Über die Ochsenweid (wenige Dutzend Schritte nach der entsprechend benannten Wegverzweigung gelangt man zu einer befestigten Feuerstelle etwas oberhalb des Ufers) geht es zum Hätterensteg und weiter nach Joosrüti. Zwischen Erlenholz und Leebrugg ist ein weiterer Picknickplatz mit Feuerstelle angelegt. Der Sitterstrandweg folgt als schmaler Fusspfad direkt dem Wasserlauf, was wegen des malerisch unberührten Geländes etliche kurze Auf- und Abstiege erfordert; für zusätzliche Abwechslung sorgen kleine Stege und Treppen – auch Kindern bietet dieser Weg spannende Entdeckungen.
Die Wanderung führt oft mehr oder weniger direkt dem Wasser entlang. Zwischendurch werden einige unzugängliche Passagen mit kurzen, aber nicht minder reizvollen Abstechern durch höher gelegenes Wald- oder Wiesenland überwunden. Trotz der Nähe zur Stadt und ihren Vororten wartet der Auenwald mit einer geradezu märchenhaften Stille auf. Besonders im Frühling ist es ein grosser Wandergenuss, diese wunderbare Landschaft zu durchstreifen. Doch auch an heissen Sommertagen ist der Abschnitt sehr reizvoll: Das nun dicht geschlossene Blätterdach bietet kühlen Schatten, zudem findet man zahlreiche hübsche Badeplätzchen, die den von der Sonne durchglühten Wanderern belebende Erfrischung gewähren.
Im Gebiet Wannen steht in einer bewaldeten Flussschlaufe eine weitere befestigte Feuerstelle bereit. Fünf Gehminuten später erreicht man die Wannenbrücke, wo die Sitter überquert wird. Zunächst ordentlich steil geht es durch den Auenwald zur Hochebene hinauf, danach gelangt man auf einem breiten Kiessträsschen durch sanft gewelltes Wiesenland mit vielen Obstbäumen ins Dorf Bernhardzell.