Wanderung Sagnettes - Glacière Monlési - Fleurier
Gletscher im Jura
Wanderzeit: 2 h 30 min
Schwierigkeitsgrad: T3 Anspruchsvolles Bergwandern *
Saison: Mai - November
Auch im Jura gibt es Gletscher. Bloss züngeln sie dort nicht von hohen Bergen herunter, sondern verstecken sich in tiefen Löchern im Boden. Der grösste von ihnen ist die Glacière de Monlési. Sie lässt sich gut im Rahmen einer Wanderung erkunden, die von der Hochebene von Les Sagnettes in den Talboden des Val de Travers führt. 1 km auf Asphalt im Raum Grands Prés, sonst Naturwege.
Detaillierte Routenbeschreibung
«Sibirien der Schweiz» steht auf einer grossen Tafel an der Strasse von Couvet nach La Brévine. Die Hochebene im Neuenburger Jura ist als Kältepol des Landes bekannt. Im Winter kann die Temperatur hier bis auf -40 Grad fallen. Selbst an heissen Sommertagen wehen kühle Winde.
Neben dem Klima ist eine geologische Laune dafür verantwortlich, dass sich in der Gegend eine kuriose Erscheinung bilden konnte: Bei Les Sagnettes befindet sich mitten im Wald ein annähernd rundes, gut 20 m tiefes Loch. Dessen Grund ist von einer mehrere Meter mächtigen Eisschicht bedeckt, die sich unterhalb der Erdoberfläche in benachbarte Hohlräume ausdehnt. Mit einem Volumen von rund 10'000 Kubikmetern handelt es sich dabei um die grösste Glacière (Eisgrotte) des Jurabogens und somit um den grössten Gletscher der Schweiz ausserhalb des Alpenraums. Das Eis wurde früher kommerziell abgebaut und mit der nahen Eisenbahnlinie, die Neuchâtel mit Pontarlier verbindet, bis nach Paris exportiert, wo es in Brauereien und Restaurants verwendet wurde.
Der unterirdische Gletscher ist besonderen Umständen zu verdanken, denn eigentlich liegt die jährliche Durchschnittstemperatur in diesem Gebiet deutlich über dem Gefrierpunkt. Im Winter senkt sich kalte Luft in die Karstdoline und bringt Wasser, das seitlich durch Spalten im Gestein eindringt, zum Gefrieren. Der Gletscher erneuert sich auf diese Weise fortlaufend. Im Sommer bleibt die kalte Luft im Schacht gefangen und isoliert das Eis gegenüber der wärmeren Aussenluft.
Ein schmaler und sehr steiler, mit einem Drahtseil gesicherter Steig sowie im untersten Teil eine Metallleiter führen in die Grotte hinunter. Abstieg und Aufstieg sind anspruchsvoll, für geübte Bergwanderer aber gut machbar. Um in den sich seitlich öffnenden Hohlraum vorzustossen, braucht man Stirn- bzw. Taschenlampen, Helm, Seile und Steigeisen. Wer nur über die übliche Wanderausrüstung verfügt, kann immerhin am Boden des Schachts die konstant kalte Luft schnuppern und einen Blick auf die Stalaktiten und Stalagmiten aus Eis werfen, die sich zwischen der Gletscheroberfläche und der darüberliegenden Felsdecke gebildet haben. Auch an heissen Sommertagen liegt die Temperatur es am Grund der Glaçière nur wenig über Null Grad. Besonders deutlich nimmt man dies bei der Rückkehr aus dem Schacht an die Erdoberfläche wahr: Während es unten frostig kalt ist, steigt die Temperatur beim Aufstieg mit jedem Höhenmeter an.
Der Zugang zum Jura-Gletscher erfolgt am einfachsten von Osten her. Von der Postautohaltestelle Les Sagnettes/Bifurcation Charbonnière marschiert man zunächst der Hauptstrasse entlang etwa 250 Meter gegen Süden Richtung Couvet. Vom Wegweiserstandort Les Sagnettes an ist der Zugang zur Glaçière gelb ausgeschildert. Teilweise auf Graspfaden, teilweise weglos erreicht man den Eisschacht innert 20 Minuten.
Um die Tour nach dem Besuch der Grotte fortzusetzen, ohne auf gleichem Weg zurückzukehren, benötigt man etwas Spürsinn. Die Glacière wird ausserhalb der Umzäunung gegen den Waldrand hin umgangen, danach folgt man Wegspuren, die zweimal scharf nach rechts abzweigen und dann in ein Waldsträsschen übergehen, das schliesslich in den Wanderweg nach Petite Charbonnière mündet.
Nun wird die Landschaft weit und offen. Mauern aus aufgeschichteten Natursteinen und Streifen von dichtem Tannenwald strukturieren die charakteristischen Juraweiden, deren Gesicht von mächtigen Einzelbäumen geprägt wird. Über Grands Prés gelangt man zum Gehöft Haut de la Vy, das dem Wald entlang umgangen wird. Hier endet das zügige Ausschreiten über die aussichtsreiche Ebene. Ein schmaler, steiniger Pfad führt im Wald steil nach Fleurier hinunter. Einzelne etwas ausgesetzte Passagen sind hangseits mit Ketten gesichert. Gleich zu Beginn des Abstiegs geniesst man eine eindrückliche Aussicht zum Chapeau de Napoléon auf der gegenüberliegenden Talseite, einer weiteren eigentümlichen Felsformation: Der Aussichtspunkt mit Restaurant klebt am oberen Ende einer klingenartigen Felsrippe, die sich vom Talboden den Berg hinaufzieht.