Wanderung Val Vau - Val Mora - Ofenpass
Val Mora – ein Leckerbissen für Ausdauernde
Wanderzeit: 5 h 25 min
Schwierigkeitsgrad: T2 Bergwandern *
Saison: Juni - November
Das Val Mora bietet Berggenuss der Extraklasse – der allerdings nicht ohne Aufwand zu haben ist. Das Hochtal ist abgelegen, entsprechend viel Zeit braucht man, um es zu Fuss zu durchqueren. Die einmalige Landschaft rechtfertigt den Aufwand jedoch fraglos. Die Wanderung verläuft durchwegs auf Naturbelag.
Detaillierte Routenbeschreibung
Grenzstreitigkeiten sind ein unvermeidlicher und zugleich unrühmlicher Bestandteil menschlicher Zivilisation. Auch im Berggebiet traten sie in früheren Zeiten immer wieder auf. Man stritt sich um alles Mögliche – Weidegründe, Wälder, Wassernutzung. In den Alpen gab es jedoch auch Regionen, die so abgelegen sind, dass es um ihren Besitz kaum je Streit gab – im Gegenteil, man einigte sich gütlich: Ihr könnt die untere Hälfte haben, wir nehmen den darüber liegenden Rest.
So verhält es sich etwa mit dem Onsernonetal, dessen tiefer gelegener Teil zur Schweiz gehört, während die höheren Gebiete Teil von Italien sind. Ähnlich, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen, verhält es sich beim Val Mora: Der untere Teil liegt in Italien, der obere gehört politisch zum bündnerischen Val Müstair. Von dort ist die Gegend jedoch nur mit erheblichem Aufwand zu erreichen. Die beiden einfachsten Zugänge erfolgen jeweils über einen passähnlichen Sattel. Im Osten ist es der Döss Radond; er bildet den Übergang zum Val Vau, einem Seitental des Val Müstair. Im Westen wird das Val Mora durch den Döss da las Plattas vom Ofenpassgebiet geschieden.
Um in das Tal zu gelangen, muss man also zuerst den einen dieser beiden ungefähr gleich hohen Pässe überwinden und später den anderen (sofern man für die Rückkehr nicht den gleichen Weg nehmen will). Zwischen diesen beiden Eckpunkten liegt eine einmalig schöne, nahezu vollkommen unberührte Landschaft. Über dem Talboden ragen schroff die Gipfel des Murtaröl-Massivs in die Höhe. Sie werden durch die Aua dal Val Mora und ihre Zuflüsse entwässert, die frei und unverbaut durch die weite Ebene fliessen. Die Wasserläufe mäandern dabei durch ein stellenweise mehrere Dutzend Meter breites, praktisch flach verlaufendes Flussbett mit weiten Kiesflächen.
Über fünf Stunden benötigt man, um dieses alpine Idyll zu durchwandern. Das ist ordentlich lange, und weil ein grosser Teil der Strecke auf Kiessträsschen verläuft, wird sie mittlerweile bevorzugt von Bikern unter die Veloräder genommen. Wer es hingegen gemächlicher angehen möchte und nicht nur auf den Schotter vor dem Vorderrad achten will, sondern seine Aufmerksamkeit auch der reichhaltigen Flora und den zahlreichen Murmeltieren im Tal schenken möchte, macht sich zu Fuss auf den Weg.
Sowohl der Ofenpass als auch das Val Vau sind mit dem Postauto erreichbar, letzteres allerdings nur punktuell: Die Kleinbusse fahren von Mitte Juni bis Mitte Oktober an einzelnen Tagen pro Woche – und auch dies bloss zwei Mal am Tag sowie nur auf vorgängige Reservation hin. Wegen dieses lückenhaften und nicht ganz einfach zu durchschauenden Fahrplanangebots empfiehlt es sich, diese Linie für die Anreise zu nutzen. Für die Rückreise kann man dann getrost auf die ganzjährig stündlich verkehrenden Kurse ab dem Ofenpass vertrauen.
Das Val Mora liegt übrigens knapp ausserhalb des Schweizerischen Nationalparks, weist aber gleichwohl eine ebenso hohe landschaftliche und ökologische Qualität auf. Im Unterschied zu den benachbarten Schutzgebieten wird hier auch heute Alpwirtschaft betrieben. Angesichts der beachtlichen Dimensionen des Hochtals spielt sich diese jedoch nur in vergleichsweise bescheidenem Rahmen ab. Immerhin bietet dies für Wandernde den Vorteil, dass sie auf halbem Weg in den Hütten der Alp Mora einkehren und sich dort mit einfachen Speisen stärken können.
Um die Tour im Westen abzuschliessen, kann man von der Hochebene von Jufplaun entweder über die Alp Buffalora zur Postautohaltestelle Buffalora absteigen oder, wie hier vorgeschlagen, zum Ofenpass. Beide Varianten beanspruchen gleich viel Zeit. Der Abstieg zum Ofenpass ist noch ein wenig attraktiver, führt er doch durch die verwitterte Südostflanke des Il Jalet. Manche der bizarr geformten Felsformationen erinnern mit ihren spitzen Zacken an steinerne Pyramiden.