Wanderung Schiers-Salginatobelbrücke
Architektur-Ikone im Niemandsland
Wanderzeit: 2 h 10 min
Schwierigkeitsgrad: T2 Bergwandern *
Saison: Mai - November
Auf Augenhöhe mit dem Eiffelturm und anderen Ikonen der Architektur liegt die Salginatobelbrücke im Prättigau. Die Sehenswürdigkeit lässt sich am besten auf einer Wanderung mit Ausgangspunkt Schiers erkunden. Ausserhalb des Siedlungsgebiets Naturwege.
Detaillierte Routenbeschreibung
Was für ein Leben! Der Schweizer Bauingenieur Robert Maillart entwickelte Anfang des 20. Jahrhunderts ein neuartiges Verfahren zur Konstruktion von Betondecken, das ihm zu internationalem Erfolg verhalf. Als er für den Bau einer riesigen Fabrik in Russland weilte, brach der Erste Weltkrieg aus, später die Oktoberrevolution. Während des Zwangsaufenthalts im Osten verstarb seine Frau und seine Firma ging unter. Völlig mittellos kehrte er mit seinen drei Kindern in die Schweiz zurück, wo er beruflich wieder von vorne anfing. Nun entwickelte er ein innovatives System zum Bau von Stahlbetonbrücken.
Die von Maillart entworfenen Bauwerke zeichnen sich durch herausragende architektonische Gestaltung und eine entsprechend grosse ästhetische Wirkung aus. Gleichzeitig erforderte ihr Bau aber nur einen relativ geringen technischen Aufwand. Dieser Vorzug machte manche Auftraggeber allerdings misstrauisch. In seinem Heimatkanton Bern etwa liess man ihn seine Brücken lieber in entlegenen, wenig frequentierten Gegenden wie im Engstlental, im Gadmertal, in Habkern oder bei Schwarzenburg, bauen.
Andernorts war man weniger zimperlich. Vom Kanton Graubünden erhielt Maillart den Zuschlag für den Bau einer Brücke über das Salginatobel im Prättigau aus dem einfachen Grund, weil sein Projekt das kostengünstigste war. Auch dort traute man der für die damalige Zeit unerhört schlanken Konstruktion nicht so richtig. Die Skeptiker sollten allerdings nicht Recht bekommen: Die Brücke konnte 1930 nach nur dreimonatiger Bauzeit in Betrieb genommen werden und verrichtet seither ihren Dienst reibungslos. Mehr noch: Sie zählt heute zu einer erlesenen Auswahl von Bauten, die von der amerikanischen Bauingenieurs-Gesellschaft als «Historic Civil Engineering Landmarks» ausgezeichnet wurden. Der Katalog umfasst rund 160 Objekte, wovon die überwiegende Zahl in den USA liegen. Zu den etwas mehr als 30 herausragenden Bauten im «Rest der Welt» zählen etwa die Hagia Sophia, der Eiffelturm sowie, als einziges solches Monument in der Schweiz, eben auch die Salginatobelbrücke.
Die Sehenswürdigkeit lässt sich gut im Rahmen einer kleinen Wanderung erkunden. Ausgangspunkt ist die Bahnstation Schiers. Der Hauptstrasse entlang gelangt man quer durch das Dorf zum Eingang des Schraubachtobels – einem nicht sonderlich schönen Ort: Der Talboden wird von einem riesigen Kieswerk mit ausgedehnten Zufahrtspisten dominiert. An Werktagen müssen sich die Wandernden zwischen Staubschwaden und herumfahrenden Lastwagen ihren Weg suchen. Doch nach wenigen Minuten wird die Umgebung stiller und grüner. Oberhalb einer grossen Schwelle fliesst der Schraubach unverbaut durch ein mächtiges Geschiebebett.
Sanft ansteigend gelangt man zur Chalchofä-Hütte, wo ein grosser Rastplatz mit mehreren Feuerstellen eingerichtet ist. Nur wenige Dutzend Schritte hinter der Hütte mündet der Salginabach seitlich ins Haupttal. Ein als «Historischer Rundpfad Salginatobelbrücke» signalisierter Bergwanderweg führt auf der einen Seite des Salginatobels zu Maillarts Brücke hinauf und auf der anderen wieder hinunter. Das grazile Bauwerk wird dabei überschritten, lässt sich aber nur teilweise in seiner vollen Grösse und Schönheit überblicken. Während ein Aussichtspunkt auf ihrer Westseite nur ausserhalb der Vegetationszeit einen einigermassen ungehinderten Überblick ermöglicht, ist sein östliches Pendant seit einem Felssturz gar nicht mehr zugänglich. Die beste Sicht auf das architektonische Juwel bietet sich von unten herauf, wenn man dem Salginabach von der Mündung aufwärts folgt. Der Abstecher im Bachbett erfordert Trittsicherheit und ist nur bei bescheidenem Wasservolumen möglich (d.h. nicht nach intensiven Niederschlägen bzw. zur Zeit der Schneeschmelze).
Auf gleicher Route wie beim Hinweg gelangt man dem Schraubach entlang zurück nach Schiers.