Winterwanderung Wergenstein-Dumagns
Ein Kuriosum am Schamserberg
Wanderzeit: 2 h 25 min
Schwierigkeitsgrad: W Winterwandern *
Saison: Ganzjährig begehbar
Unspektakulär und dennoch sehr lohnend ist die Winterwanderung von Wergenstein hinauf zum Alpstafel Dumagns. Von der Sonnenterrasse am Schamserberg geniesst man eine wunderbare Aussicht zu den Gipfeln des Hinterrheingebiets. Nicht entgehen lassen sollte man sich vor oder nach der Wanderung einen Abstecher in die Dorfkirche, wo es ein Unikat zu entdecken gibt.
Detaillierte Routenbeschreibung
Im Sommer möchte man eher nicht auf exakt dieser Route wandern. Von der Postautostation Lavanos kurz vor dem Dorfkern von Wergenstein führt nämlich eine asphaltierte Strasse den Hang hinauf. Winterwanderer braucht der Hartbelag aber nicht zu kümmern. Wenn es Schnee gegeben hat, wird das Strässchen nicht schwarzgeräumt; stattdessen walzt ein Pistenfahrzeug die Oberfläche zu einem gut begehbaren Trassee.
In etlichen Kehren und gleichmässigem, aber auch für Kinder zumutbarem Anstieg gewinnt man zügig an Höhe. Mehr und mehr weitet sich der Blick in die umliegende Bergwelt. Die Kette der Hochalpengipfel von Rheinwald, Avers, Schams und Domleschg breitet sich in üppiger Pracht aus.
Mit seinen sonnengebräunten, locker am Hang verteilten Holzhäusern wirkt Dumagns wie ein Bergdörfchen. Beim Alpstafel endet die gepfadete Route. Eine aussichtsreich an der Hangkante platzierte Sitzbank lädt zu einer Ruhepause ein. Zurück ins Tal gelangt man auf der Aufstiegsroute.
Wer noch eine Runde drehen will, nutzt die ebenfalls gepfadete Schlaufe, die zunächst zur Strassenabzweigung Richtung Curtginatsch, danach am oberen Rand des Alpstafels Richtung Larisch-Tal und von dort hinunter führt, wo sie bei Pkt. 1756 in die Aufstiegsroute mündet (in dessen Nähe liegt übrigens auch eine befestigte Feuerstelle). In der Karte ist diese Option als Zusatzschlaufe eingetragen.
Bei guten Schneeverhältnissen lässt sich die Wanderung auch mit einer rassigen Schlittenabfahrt nach Wergenstein hinunter abschliessen. Die Strecke ist allerdings kein offiziell anerkannter Schlittelweg. Das Befahren erfolgt deshalb auf eigene Gefahr.
Vor oder nach der Wanderung empfiehlt sich eine Visite der Wergensteiner Dorfkirche. Sie birgt ein eigentümliches Kleinod. Neben dem Eingang in den schön gewölbten Altarraum befindet sich gegenüber der Kanzel ein bunt bemalter Holzkasten, der auf den ersten Blick wie ein Schrank aussieht. Ein Schild fordert dazu auf, das Ding nicht zu berühren, und weist es als «antike Orgel» aus.
Einzig aufgrund seines Alters ist das Objekt eigentlich kaum bemerkenswert – da gibt es landesweit deutlich angejahrtere Orgeln. Berührend ist jedoch die Lebensgeschichte seines Schöpfers. Orgelbauer Georg Hammer war nach den Massstäben seiner Zeit verrückt. 1782 in Schiers im Prättigau geboren, besuchte er zunächst die Volksschule, brachte es aber auf keinen grünen Zweig. Sein ganzes Leben lang konnte er weder schreiben noch lesen (was allerdings nicht viel bedeutet, denn zu jener Zeit waren häufig sogar die sogenannten Schulmeister der Schrift nicht mächtig). Jedenfalls blieb er der Schule nach einiger Zeit komplett fern, und da man ihn für einen Idioten hielt, liess man ihn gewähren.
Seine Zeit nutzte Hammer stattdessen, um durch die Natur zu streifen und an Bächen allerlei Konstruktionen aus Holz auszutüfteln. Später erhielt er eine Ausbildung als Zimmermann und war auch in diesem Beruf tätig. Seine wahre Leidenschaft galt allerdings nicht dem Bau von Häusern, sondern mechanischen Apparaturen, die durchwegs aus Holz bestanden. So baute er hölzerne Uhren und Blasbalge. Auf diesem Weg kam er schliesslich zum Orgelbau. Darin brachte er es zu Meisterschaft und Erfolg. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts baute er in verschiedenen Gegenden Graubündens kleine Kirchenorgeln sowie Hausorgeln. Etliche dieser Instrumente sind verschwunden, manche bestehen nach wie vor. Hammer-Orgeln gibt es etwa noch in den Kirchen von Davos-Glaris, Valzeina und eben Wergenstein.
Der virtuose Orgelbauer hatte wohl auch kauzige Züge. So kursierte über ihn die Legende, er habe sich immer sehr freundlich mit Leuten unterhalten, die ihn bei seiner Arbeit besuchten, aber niemals in deren Gegenwart gearbeitet. Hammer starb 1852 gemäss dem Bürgerregister von Schiers «an Nervenerschütterung, Schlagfluss und Geistesverwirrung in Verbindung mit Altersschwäche».