Abländschen? Das klingt nach einer abgelegenen Gegend. Und tatsächlich ist das Dörfchen mit diesem Namen in einer etwas prekären Lage, was die Geografie anbelangt. Es gehört zwar zur Berner Oberländer Gemeinde Saanen, ist aber von dort nur über einen weiten Umweg erreichbar, der via Boltigen und Jaunpass ins freiburgische Jauntal führt. In dessen hinterstem (und bernischem) Teil liegt Abländschen. Wer den Ortsnamen als «abseitiges Land» deutet, liegt allerdings falsch; er geht vermutlich auf eine keltische Wurzel «abono» zurück, die für Wasser steht.
Das Dorf kämpft mit den typischen Problemen einer Randregion. In jüngerer Vergangenheit verlor es die Poststelle, den Dorfladen, die Schule und den Skilift. Immerhin gibt es neben mehreren Bauernhöfen und einer kleinen Kirche noch ein Restaurant. Eine Busverbindung mit Jaun wurde schon vor etlichen Jahren eingestellt. Seither war Abländschen vom öffentlichen Verkehr abgeschnitten. Im Sommer 2023 wurde jedoch ein Neuanfang gewagt. Jetzt verbindet eine saisonal verkehrende Postautolinie Saanen via Abländschen mit Jaun. Besonders interessant daran ist, dass das Dorf nicht nur von einer Seite her erschlossen wird. Aus Westen erfolgt die Zufahrt über das im waadtländisch-bernischen Grenzgebiet liegende Vallée des Fenils (Grischbachtal). Das eröffnet neue Möglichkeiten zum Wandern.
Eine davon betrifft den Hundsrügg. Der breite, langgezogene Hügelrücken zwischen den Tälern des jungen Jaunbachs und der Kleinen Simme ist ein attraktives Wanderziel, das sich vom Jaunpass her ohne übermässigen Aufstieg erreichen lässt. Auf dem höchsten Punkt des Gebirgszugs geniesst man sehr schöne Tiefblicke ins Saanenland und ins Simmental, im Norden zeigen sich zudem die imposanten Felszacken des Gastlosenmassivs in voller Pracht. Wer nicht auf gleichem Weg zurückkehren wollte, musste bisher einen relativ langen und steilen Abstieg nach Saanenmöser oder Schönried auf sich nehmen. Jetzt lässt sich die Tour bereits auf dem Mittelberg beenden. Der Passübergang zwischen Abländschen und dem Grischbachtal wird ebenfalls durch die neue Postautolinie bedient. Weil es dort aber im Unterschied zum Jaunpass weder eine Einkehrmöglichkeit noch einen Unterstand gibt, wird empfohlen, die Tour in umgekehrter Richtung auszuführen und somit auf dem Mittelberg zu starten.
Zum Einstieg gibt es leider gleich Asphalt. Mässig steil steigt ein Alpsträsschen zu den Hütten von Hinderi Schneit. Von da an geht es auf einem Natursträsschen eine Weile praktisch ebenen Wegs weiter. Zunächst wandert man im Wald, von Mittleri Schneit an dann über aussichtsreiches Weideland nach Vorderi Schneit zur passartigen Geländesenke der Bire. Wenig später wird es tüchtig steil. Über Luegle steigt man zu einem namenlosen Moorseelein auf, von da an geht es wesentlich gemächlicher aufwärts zum Gipfelkreuz auf dem Hundsrügg. Die Rundsicht reicht von der Gastlosenkette über Gantrisch, Stockhorn, Niesen und die Berner Hochalpen bis zum Mont Blanc.
Der Abstieg bietet eindrückliche Tiefblicke ins Simmental. Ein schöner Bergweg zieht sich über Moorböden, durch karge Bestände kleinwüchsiger Nadelbäume und über Alpweiden nach Oberenegg. Die Alp ist mit dem Tourenziel Jaunpass mit einer asphaltierten Strasse verbunden, doch die Wanderroute schneidet das Trassee mehrmals auf Wiesenwegen. Erst ganz am Ende kommt man um ein Stück Hartbelag nicht herum.