Wanderung Chrindi-Cheibehorn-Chilchhöhle
Der Cheib und die Kirche
Wanderzeit: 3 h 50 min
Schwierigkeitsgrad: T3 Anspruchsvolles Bergwandern *
Saison: Juni - Oktober
Von der Mittelstation der Stockhornbahn führt eine sehr abwechslungsreiche Rundwanderung auf den Gipfel des Cheibehorns. Sie lässt sich gut mit einem Abstecher zur Chilchhöhle kombinieren. Die Tour verläuft durchwegs auf Naturbelag.
Detaillierte Routenbeschreibung
Zugegeben, ganz so umfassend wie auf dem nahen Stockhorn ist die Aussicht vom Cheibehorn nicht, denn der Blick ins Mittelland wird gegen Norden just durch die Stockhorn-Gantrisch-Kette eingeschränkt. Ungehindert ist dagegen der Tiefblick nach Süden ins Simmental und ins Diemtigtal und darüber hinweg der Ausblick zur Niesenkette und zu den Hochalpengipfeln. Im Gegensatz zum Rummel am Stockhorn, das mit einer Seilbahn ab Erlenbach erschlossen ist, kann man hier das Panorama zudem ungestört geniessen.
Die Stockhornbahn ist jedoch auch bei einer Tour auf das Cheibehorn nützlich. Als Ausgangspunkt dient die Mittelstation Chrindi. Von der Station geht der «Rundweg Hinterstockensee» ab, der in der Flanke der Mieschflue oberhalb des Sees nach Westen führt und dabei zwei exponierte Passagen in kurzen, beleuchteten Tunnels umgeht.
An der Wanderwegverzweigung bei Pkt. 1640 zweigt man hangwärts ab, gelangt in mässig steilem Aufstieg in die Südflanke des Cheibehorns und folgt dieser praktisch ebenen Wegs bis zu den Hütten der Vorderstockealp. Wenige Dutzend Schritte nördlich davon liegt der sattelartige Geländeeinschnitt, wo der Aufstieg zum Cheibehorn-Gipfel beginnt. Er verläuft auf dem Kamm des mit Gras und vereinzelten Nadelbäumen überwachsenen Felsrückens.
Der «Cheib» ist ein interessanter schweizerdeutscher Begriff. Ursprünglich bezeichnete man damit sowohl ein ausgemergeltes oder totes Tier als auch einen menschlichen Leichnam. Im Laufe der Zeit wurde die Bedeutung dann auf Gegenstände oder Menschen übertragen, die Verdruss bereiteten. Gleichzeitig konnte damit aber auch etwas Positives umschrieben werden: Man kann sowohl «cheibe Pech» als auch «cheibe Glück» haben.
Beide «Cheib»-Aspekte kann man im Aufstieg auf das Cheibehorn erleben: Je nach Tagesform und Temperatur bringt er einen unter Umständen arg ins Schnaufen und Schwitzen. Doch wenn man auf dem Gipfel angekommen ist, erlebt man unweigerlich schöne Glücksmomente. Allzu euphorisch sollte man sich allerdings nicht gebärden, denn gegen Süden fällt die Kuppe fast senkrecht in die Tiefe ab.
Auf gleicher Route wie im Aufstieg kehrt man zur Vorderstockealp zurück. Ehe man die Rundwanderung fortsetzt, kann man hier einen Abstecher zur Chilchhöhle einschalten. Auf dem in Richtung Wildenstein und Weissenberg signalisierten Bergwanderweg erreicht man nach wenigen Minuten die hinterste Alphütte und schwenkt dort auf einen Fussweg ein, der in nordwestlicher Richtung abzweigt und leicht, aber kontinuierlich ansteigend durch die Flanke des Pfaffli führt. Dabei kommt man an einer stattlichen Doline vorbei. Einzelne weitere Stellen, an denen Wasserläufe das Terrain vernässen, zeugen ebenfalls von der geologischen Dynamik, der das Gebiet unterworfen ist.
Der Weg zur Höhle ist nicht signalisiert, die ersten drei Viertel sind aber auf der Landeskarte eingezeichnet. Die Signatur endet dort, wo der Weidezaun das Alpgebiet begrenzt. Nun kann man sich einzig an die Wegspuren halten, die sich sanft in die Flanke des Sattelspitz senken. Die Passage ist nicht unproblematisch. Der Verlauf der Route ist wegen des hohen Wildgrases (das obendrein bei nassem Wetter glitschig wird) nur undeutlich zu erkennen. Wenn man zu hoch auf- oder zu tief absteigt, gerät man in ausgesetztes Felsterrain.
Mit «Chilche» wird im Schweizerdeutschen nicht nur eine Kirche, sondern auch ein grosser Felskopf bezeichnet. Die Chilchhöhle (auch Chlichlihöhle genannt) liegt denn auch am Fuss einer grossen Felswand. Sie ist aus Distanz kaum zu sehen. Man erkennt die Öffnung erst, wenn man praktisch darunter steht. Die Höhle weist eine überdachte Bodenfläche von rund 60 Quadratmetern auf. Bei Grabungen wurden dort prähistorische Werkzeuge gefunden, die der Altsteinzeit zugeordnet werden. Nach der Reformation diente die Chilchhöhle dem von der Berner Regierung verfolgten Täufer Peter Thönen als Unterschlupf.
Auf gleicher Route wie beim Hinweg kehrt man zur Vorderstockealp zurück, um von dort zum Oberstockesee abzusteigen. Danach geht es, weiterhin über offenes Alpweidengelände, erneut aufwärts zur Oberstockenalp, von wo sich ein schmaler, steiniger Weg durch schönen Bergwald zum Hinterstockensee senkt. Dem Nord- und Ostufer des Bergsees folgend gelangt man zurück zur Seilbahnstation Chrindi.