Wanderung Wilderswil-Zweilütschinen
Auf dem Themenweg «Natur und Bahn»
Wanderzeit: 1 h 25 min
Schwierigkeitsgrad: T1 Wandern *
Saison: Ganzjährig begehbar
Bei Regenwetter können Bergwanderungen recht ungemütlich, ja gefährlich werden. Dann sind Ausweichmöglichkeiten in tieferen Lagen gefragt. Der Themenweg «Natur und Bahn» von Wilderswil nach Zweilütschinen ist eine solche Alternative. Mehrheitlich Naturbelag.
Detaillierte Routenbeschreibung
Zwischen Interlaken Ost und Lauterbrunnen bzw. Grindelwald verkehren die Züge der Berner Oberland-Bahnen (BOB) heute mit einem soliden Halbstundentakt. Das war nicht immer so. Bis in die 1990-er Jahre galt die Einspurstrecke zwischen den Stationen Wilderswil und Zweilütschinen als Flaschenhals. Weil die Züge nur in den Stationen kreuzen konnten, kam es immer wieder zu Engpässen und Verspätungen.
Vor der Jahrtausendwende wurde die Strecke deshalb umfangreich ausgebaut. An verschiedenen Stellen wurde die Linie begradigt, weshalb die Züge seither mit höherer Geschwindigkeit verkehren können. Ein 2,5 km langer Abschnitt wurde als Doppelspurstrecke ausgebaut, so dass die Züge jetzt auch ausserhalb der Stationen kreuzen können.
Der Streckenausbau tangierte an verschiedenen Stellen ökologisch sensible Gebiete. Während der Bauarbeiten wurde deshalb darauf geachtet, die bahntechnischen Bedürfnisse so auszugestalten, dass auch für die Natur ein möglichst grosser Nutzen entstand. Auf diese Weise konnten beispielsweise Schutzgebiete für Pflanzen und Tiere, die schon früher bestanden, vergrössert werden. Der Lütschine entlang wurden verschiedene Uferpartien durch überschütteten Blockwurf anstelle der alten harten Verbauungen gesichert. Im Eyzun wurden alte, von Bäumen überwachsene Riedflächen wieder freigelegt. Dank der vielen Frösche und Kröten fanden Ringelnattern hier schon früher reichlich Nahrung, weshalb das Gebiet «Schlangenhimmel» heisst.
Nach Abschluss des Projekts ist entlang der Strecke ein Lehrpfad zum Thema «Natur und Bahn» eingerichtet worden. An zwölf ausgewählten Standorten vermitteln Informationstafeln Einblick in die Verflechtungen von Bahntechnik und Ökologie. Unterwegs erfährt man aber auch von der Bedeutung der zahlreichen Trockenmauern, die den Weg säumen und mit denen früher das Gelände terrassiert und abgegrenzt wurde. Die Mauern bieten wertvollen Lebensraum für verschiedene Reptilien, Kleinsäuger und Insekten.
Beim Bahnhof Wilderswil überquert man die Geleise und gelangt an alten Holzhäusern vorüber zur Lütschine, die auf einer gedeckten Holzbrücke überquert wird. Auf dem gegenüberliegenden Ufer befinden sich mehrere geschichtsträchtige Bauwerke, die mit der historischen Brücke zusammen ein malerisches Ensemble bilden: Die prachtvolle Kirche, die ein geräumiges romanisches Schiff und bedeutende Wandmalereien enthält, wird vom herrschaftlichen Pfarrhaus und vom stattlichen Gasthof Steinbock flankiert.
Der Themenweg «Natur und Bahn» führt nun in sanftem Anstieg auf dem Strässchen ins Dorf Gsteigwiler. Nach der Durchquerung des Siedlungsgebiets verläuft die Route auf einem breiten Kiesweg abwechslungsweise durch Wald und über Wiesen. In leichtem Auf und Ab geht es taleinwärts. Unterwegs zeigen sich schöne Ausblicke in den Talgrund. Bei warmem Wetter huschen etliche Eidechsen über die Trockenmauern, die den Weg säumen. Gelegentlich rauscht elegant eine der blaugelben Eisenbahn-Kompositionen der BOB über das nahe Trassee.
Über Faltschen geht es weiter nach Ried. Auf der gegenüberliegenden Talseite befindet sich das Auengebiet Chappelistutz, das beim Ausbau der Bahnstrecke eine ökologische Aufwertung erfuhr. Zweilütschinen, das Ziel der Wanderung, liegt bereits in Sichtweite. Hier fliessen die Schwarze und die Weisse Lütschine zusammen. Die beiden Flüsse weisen aufgrund des jeweiligen Geschiebes markante Unterschiede im Farbton auf: Während der Arm aus dem Lauterbrunnental hell glänzt, schimmert jener aus dem Tal von Grindelwald deutlich dunkler.