Wanderung Chaltenbrunnen-Hochmoor
Farbenzauber im Hochmoor Chaltenbrunnen
Wanderzeit: 5 h 45 min
Schwierigkeitsgrad: T2 Bergwandern *
Saison: Mai - Oktober
Das Chaltenbrunnen-Moor bei Meiringen ist das am besten erhaltene Moorgebiet der Schweiz. Erreichbar ist es einzig zu Fuss. Weil sich ein Torfabbau nicht lohnte, zeigt sich das Moor noch heute in seinem ursprünglichen Zustand. Zu Beginn der Wanderung mehr als 3 km auf Hartbelag, sonst fast durchwegs Naturwege.
Detaillierte Routenbeschreibung
Schon seit einem Vierteljahrtausend ist das östliche Berner Oberland ein begehrtes Reiseziel. Geradezu eine Schlüsselrolle bei der Entstehung des Alpentourismus spielte das Reichenbachtal oberhalb von Meiringen. Mit seiner eigentümlichen Mischung von Wildnis und lieblichem Charakter zog es ab dem ausgehenden 18. Jahrhundert Landschaftsmaler, Zeichner und Kupferstecher aus ganz Europa an. Im 19. Jahrhundert galt es weitherum als Inbegriff einer romantischen Landschaft.
Wer das Tal besuchte, der begehrte nicht wie heutige Touristen Sonnenschein und aktive Erholung, sondern Gemütsspektakel. Perfekt war das Urlaubsabenteuer, wenn Nebelbänke und Wolken über der Landschaft lagen: Dann erlebten die Reisenden das Wasser im Reichenbachtal in allen denkbaren Erscheinungsformen – vom Eis der Gletscher über sprudelnde Bergbäche bis zu düster-dramatischen Regenwolken und Dunstschleiern.
Ein besonderes landschaftliches Juwel gibt es auf der Hochebene am westlichen Rand des Tals zu entdecken. Die Moorlandschaft Chaltenbrunnen-Wandelalp ist rund einen Quadratkilometer gross. Von ihrer schönsten Seite zeigt sie sich im Hochmoor zwischen Gyrensprung und Chaltenbrunnenalp. Vom Spätsommer an wartet dieses mit einer grandiosen Farbenpracht auf: Die weiten Riedgrasflächen leuchten in warmen Rot- und Ockertönen. Dazwischen setzen lockere Bestände von kleinwüchsigen Bergföhren leuchtend grüne Akzente. In zahllosen Seelein und Tümpeln spiegelt sich der tiefblaue Himmel.
Das Chaltenbrunnen-Moorgebiet gilt als eine der am besten erhaltenen Moorlandschaften der Alpen. Zu verdanken ist das seiner Abgeschiedenheit: Es liegt weitab von Verkehrsachsen und Siedlungen. Torf wurde hier nie abgebaut, daher ist das Moor bis heute praktisch unberührt geblieben. Die Lage erklärt allerdings auch, warum dieses Idyll keine grossen Touristenströme anzieht: Weder Bergbahnen noch Buslinien sorgen für bequemen Zugang. Man muss sich auf eigenen Füssen hinaufbemühen, und das bedeutet einen Aufstieg von etlichen hundert Höhenmetern.
Idealerweise würde man diese Wanderung eigentlich im Uhrzeigersinn ausführen und am Schluss auf der alten Falcherenstrasse nach Meiringen absteigen. Das Natursträsschen quert die Falcherenfluh mittels mehrerer Tunnels und wurde erst im frühen 20. Jahrhundert gebaut, notabene gegen den Willen des Kantons. Dessen Experten erachteten die Strassenlinie als untauglich. Sie sollten mehr als 100 Jahre später Recht bekommen. Aufgrund wiederholten Steinschlags musste die attraktive Strecke, die schon seit Jahrzehnten primär als Wanderweg diente, gesperrt werden.
Seither ist das Dörfchen Falcheren für Wanderer nur noch über die Strasse ab Zwirgi erreichbar. Dem knapp zwei Kilometer langen flachen Asphaltstück schliesst sich eine nochmals fast gleich lange Aufstiegspassage an. Das ergibt einen gut dreiviertelstündigen Marsch auf bedingt fussgängertauglicher Wegoberfläche. Statt sich diesen Dämpfer bis zum Schluss der Tour aufzuheben, empfiehlt es sich, ihn gleich zum Einstieg hinter sich zu bringen.
Schmale Wiesenpfade erlauben es, beim Richtung Isetwald steigenden Strässchen etliche der weiten Kehren zu schneiden. Nach einer kurzen Waldpassage erreicht man die Alp Isetwald. Sie ist von einem bezaubernden landschaftlichen Ensemble mit Wiesen, Bäumen und Felsen umgeben. Trockensteinmauern strukturieren das offene Weideland. Der paradiesisch schöne Flecken Erde wurde 2008 mit dem Kulturlandschaftspreis der Region Oberland-Ost ausgezeichnet.
Nun geht es steil aufwärts zur Wandelalp. Beim Mittlesten Wandel hat man den härteren Teil des Aufstiegs hinter sich. Nur noch mässig steigt ein Kiessträsschen nach Oberste Wandel, von dort geht es praktisch ohne Gefälle zum Chaltenbrunnen-Hochmoor und zum Oberen Stafel der Chaltenbrunnenalp.
Auf dem Höhenweg öffnet sich eine prachtvolle Aussicht ins Rychenbachtal: Auf der gegenüberliegenden Talseite formen die schroffen Felszinnen der Engelhörner eine eindrückliche Horizontlinie; südlich davon wälzt sich zwischen Dossen und Wellhorn der Rosenlauigletscher in die Tiefe. Über Alpweiden mit mächtigen Ahornbäumen geht es steil zur Seilialp hinunter. Von dort führt ein schmaler Waldpfad zur Scheidegg-Passstrasse, auf der man nach wenigen Minuten zurück zum Ausgangspunkt Zwirgi gelangt.